Bei der bundesweiten Razzia hatte es vergangene Woche auch Durchsuchungen in Kaiserslautern gegeben. Festnahmen in der Region gab es aber keine. Eine SWR-Umfrage bei Gerichten, Verwaltungen und der Polizei in der Westpfalz ergab, dass es immer öfter Reibungspunkte zwischen Behörden und sogenannten Reichsbürgern gibt.
Ordnungsämter und Gerichtsvollzieher von "Reichsbürgern" bedroht
Besonders Mitarbeiter von Ordnungsämtern oder Gerichtsvollzieher seien Anfeindungen ausgesetzt, heißt es etwa vom Amtsgericht Kaiserslautern und der Stadtverwaltung in Pirmasens. Im Außendienst würden sie immer wieder mit kruden Ansichten konfrontiert. Trotzdem müssten sie Recht und Gesetz durchsetzen.
Besonders Gerichtsvollzieher hätten teilweise akute Probleme, da sie in ihrem Job häufig alleine unterwegs sind und in sensiblen Situationen in fremde Wohnbereiche vordringen - etwa wenn es um Pfändungen geht. In Einzelfällen müsste dann eben die Polizei als Unterstützung hinzugezogen werden. Das sei aber auch bereits vor dem Phänomen "Reichsbürger" die übliche Vorgehensweise bei Problemen gewesen.
Polizei in Kaiserslautern unterbindet Diskussionen sofort
Beim Kontakt mit "Reichsbürgern" habe die Polizei bisher festgestellt, dass diese Personen ihre Ideologie durch abstruse Behauptungen vertreten, weshalb Einsatzkräfte auch diesbezügliche Diskussionen in der Regel sofort unterbinden würden. Herausragende Fälle im Bezug auf die Szene gebe es in der Westpfalz aber nicht. Hinweise würden geprüft. Dazu müssten teils sehr umfangreiche Schriftstücke auf strafrechtliche Relevanz geprüft werden. Das binde Personal an die Fälle. Insgesamt habe die Polizei mehr als früher mit sogenannten Reichsbürgern zu tun.
"Reichsbürger" schreiben krude Briefe und drohen Sachbearbeitern
Auch andere Behörden in der Westpfalz berichten davon, dass Mitarbeiter mit "Reichsbürgern" mehr Arbeit hätten. Häufig werde versucht, Behörden durch einen Wust an kruden Schreiben lahmzulegen. Entsprechende Vordrucke würde die "Reichsbürger"-Szene im Internet teilen.
So berichtet das Amtsgericht Kaiserslautern, dass häufig die gleichen Schriftstücke von verschiedenen Personen verwendet würden, das bestätigt auch das Rathaus in Pirmasens. In den Schreiben werde Sachbearbeitern teils auch eine persönliche Haftung angedroht. Dies sei besonders oft der Fall, wenn es um Gebühren- oder Mahnbescheide gehe. Häufig würden "Reichsbürger" die entsprechenden Briefe aber gar nicht erst annehmen, so dass sie ungeöffnet an die Behörde zurückgeschickt werden, teilte die Kreisverwaltung im Donnersbergkreis mit.
Etwa 100 "Reichsbürger" in der Pfalz
Der Rechtsextremismus-Experte Rüdiger Stein vom DGB Pfalz schätzt, dass in der Pfalz etwa 100 Personen der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen sind. Schätzungsweise zwischen 10 und 20 davon hätten auch Zugang zu Schusswaffen: entweder über Schützenvereine, weil sie Jäger sind, oder als Waffensammler gelten. Vernetzt sei die Szene vor allem über das Internet. Die Corona-Demos hätten aber für einen Zuwachs und ein offeneres Auftreten nach außen gesorgt.
Verdachtsfälle werden an Verfassungsschutz gemeldet.
Wenn Verwaltungen den Verdacht haben, dass sie es mit "Reichsbürgern" zu tun haben könnten, melden sie diese Verdachtsfälle an den Verfassungsschutz. So hat es nach Angaben der Stadtverwaltung Kaiserslautern in diesem Jahr insgesamt 17 Verdachtsfälle gegeben. Davon hätten neun ihren Wohnsitz in der Stadt. In wieweit sich diese Verdachtsfälle letztlich aber bestätigen, werde der Verwaltung nicht mitgeteilt.