Richard Schmidt muss nicht lange für eine Antwort überlegen. Ob er auch anderen Dörfern eine Bürgerstiftung empfehlen würde? "Ich bin sogar der Meinung, es müsste jede Gemeinde eine Bürgerstiftung haben", sagt der Vorsitzende der Bürgerstiftung Marienthal.
Mit einer Stiftung könne man in Zeiten leerer Kassen dennoch Projekte umsetzen, sagt Schmidt. Denn Menschen seien durchaus bereit, ihre Heimatgemeinde zu unterstützen, beispielsweise mit einem Erbe.
Mit einem alten Haus im Stadtteil von Rockenhausen fing alles an
Der Rockenhausener Stadtteil Marienthal hat sich schon vor 13 Jahren auf den Weg gemacht und eine Stiftung gegründet. Nicht, weil in dem Ort nichts mehr vorwärts ging - sondern sozusagen aus der Energie heraus. Denn mit Hilfe von Geldern aus der Dorferneuerung und viel Eigenleistungen wurde das Bürgerhaus erneuert, es entstand eine Spielscheune, ein neuer Dorfplatz oder auch Spielplatz.
Schmidt, ehemaliger Ortsvorsteher, dachte aber auch über weitere Projekte nach. Zum Beispiel ein altes Haus, das abgerissen werden sollte und an der Stelle ein Parkplatz gebaut werden sollte. Doch dafür fehlte das Geld - und die Idee einer Stiftung entstand.
Am Donnersberg soll eine Gaststätte umgebaut werden
Rund 300.000 Euro wurden so nach Angaben des Vorsitzenden mittlerweile in der rund 320 Einwohner zählenden Gemeinde investiert. Unter anderem auch für eine neue Theke im Bürgerhaus oder für den Kauf eines Ausflugslokals. Denn das ist nun eines der nächsten Projekte, die in Marienthal angegangen werden.
Vor vier Jahren hat sich die Bürgerstiftung zusammen mit der Bürgerstiftung Pfalz auf einen neuen Weg gemacht. Dafür wurde die Genossenschaft "Zukunftsdorf" gegründet. Ziel ist es, Marienthal auch für künftige Generationen attraktiv zu machen - Treffpunkte sollen entstehen, Wohnquartiere gebaut und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Aktiv gegen das Sterben der Dorfgaststätten in der Pfalz
Die "Blockhütte" am Fuße des Donnersbergs ist eines von mehreren Projekten. Seit Jahren steht die bis dahin letzte verbliebene Dorfkneipe leer. Ein Problem, das sich die Marienthaler mit zahlreichen Gemeinden in der Westpfalz teilen. "Die Gespräche am Stammtisch, das gemeinsame Bier - Dorfgaststätten sind wichtige soziale Treffpunkte", sagt Richard Schmidt.
Die beiden Bürgerstiftungen packen das Thema an, sanieren und vergrößern das Ausflugslokal in Marienthal für einen Millionenbetrag und wollen es danach auch als Inklusionsbetrieb, wo sich Menschen mit und ohne Behinderung um die Gäste kümmern, selbst betreiben. Im Frühjahr soll es mit dem Umbau losgehen. Bis zu 120 Gäste sollen dann einmal in dem Ausflugslokal Platz haben.
Auch eine Wohnsiedlung soll in Marienthal entstehen
Noch eine Nummer größer ist ein weiteres Projekt, für das ebenfalls die Planungen laufen: ein Wohnquartier. Dort sollen jung und alt zusammenleben, es soll außerdem ein Gemeinschaftshaus entstehen, ein Nahwärmenetz, auch ein Car-Sharing-Angebot soll es geben. 60 bis 80 Menschen könnten in der Siedlung einmal leben, so Schmidt. Ein Projekt im zweistelligen Millionenbereich.
Interessenten hierfür gebe es aus ganz Deutschland. Und die würden sich auch bereits regelmäßig treffen. "Uns ist es wichtig, kein Dorf im Dorf zu schaffen, sondern die Menschen in die Ortsgemeinschaft zu integrieren", betont Schmidt. Auch ältere Bürgerinnen und Bürger, die derzeit beispielsweise alleine in großen Anwesen leben, sollen die Möglichkeit bekommen, dort in Gesellschaft ein neues Zuhause zu finden.
Bürgergarten und Café sind weitere Projekte am Donnersberg
Ein Bürgergarten oder eine Art Café sind weitere Projekte, die im "Zukunftsdorf" Marienthal auf der Liste stehen. "Bis alles aber umgesetzt ist, braucht das Zeit", sagt der Vorsitzende der Bürgerstiftung. Angelegt seien die Projekte über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Gemeinsam mit der Stiftung in Marienthal geht die Bürgerstiftung Pfalz die Projekte an. Deren Vorstandsvorsitzende Christiane Steinmetz ist überzeugt von der Genossenschaft "Zukunftsdorf". "Die Dörfer werden wieder strahlen, sie werden lebendige Orte sein, die die alten Strukturen von Macht und Gier überwunden haben und in denen die Menschen mit ihren Bedürfnissen wieder im Mittelpunkt stehen", sagt Steinmetz in einer SWR Doku über die "Zukunftsdörfer", zu denen auch Kirrweiler in der Südpfalz gehört.
In Deutschland gibt es mehr als 400 Bürgerstiftungen
Richard Schmidt weiß, dass es aber auch skeptische Stimmen im Dorf gibt. Dass es auch Menschen gibt, die daran zweifeln, ob das alles umgesetzt werden kann. "Man muss einfach mutig sein, so einen Weg zu gehen. Wir können nicht verlieren, wir können eigentlich nur gewinnen", sagt der Vorsitzende der Marienthaler Bürgerstiftung.
Schmidt ist auch unterwegs in anderen Gemeinden der Pfalz, die sich für eine Bürgerstiftung interessieren, berichtet dann vom Marienthaler Weg. Das Interesse an solchen Stiftungen wachse. Alleine im Donnersbergkreis wurden jüngst in Kerzenheim, Gaugrehweiler oder Alsenz Bürgerstiftungen gegründet. Bundesweit gibt es nach Angaben der "Stiftung aktive Bürgerschaft" mehr als 400 Bürgerstiftungen.