Ein neues Regal kommt "angefahren", ein Licht zeigt auf ein Fach und auch am Computer erscheint, welches Produkt Sabrina Jancys als nächstes "picken" muss. Sie greift danach, dreht sich zur Seite und legt es in eine Kiste. Dann drückt sie aufs Knöpfchen und das nächste Regal rückt an mit einem neuen Artikel. Ist die Kiste voll, fährt sie auf einem Laufband zur nächsten Station, wo die Produkte anschließend verpackt werden.
Das Tempo, das Sabrina dabei draufhat, ist ordentlich. Konzentriert arbeitet beziehungsweise greift sie einen Artikel nach dem anderen ab. "Picken" nennt man das im Amazon-Logistikzentrum in Kaiserslautern. Sabrina wirkt sehr konzentriert bei ihrer Arbeit. Kein Wunder, es gibt viel zu tun. "Ich bin froh, wenn ich meine Couch sehe, wenn ich nachhause komme", sagt sie mit einem angeschwitzten Gesicht.
Sortieren, Verpacken, Versenden - Amazon Lagerroboter helfen dabei
Anstrengend sei die Arbeit bei Amazon schon, aber überanstrengt oder überlastet sei Sabrina nicht. Trotzdem merke man, dass Weihnachten vor der Tür steht.
Und so "pickt" sich Sabrina während ihrer achtstündigen Schicht von Artikel zu Artikel. Zwischen 1.000 und 1.500 Produkte greift sie in dieser Zeit ab. Unterstützt wird sie dabei von der Technik. "Der Computer zeigt uns ganz genau an, was musst du aus dem Regal holen, wie viel musst du rausholen, aus welchem Fach musst du es holen und in welche Box muss es rein."
Und das Regal, aus dem sie die Produkte pickt, fährt mithilfe von Robotern vor - sie muss es also gar nicht erst selbst holen. Etwa 4.000 solcher technischen "Helferlinge" gibt im gesamten Logistikzentrum in Kaiserslautern. Und darüber sind Sabrina und ihre Kolleginnen und Kollegen froh, da sie ihnen viel Arbeit abnehmen - vor allem körperlich anstrengende und mitunter auf Dauer ungesunde Arbeit.
Arbeit bei Amazon Kaiserslautern macht Spaß – trotz Kritik von ver.di
So mache es Spaß, berichtet auch Arif Matmui, der seit November bei Amazon als "Picker" arbeitet. "Am Anfang war es anstrengend, aber jetzt, mit der Zeit, läuft alles gut." Arif macht die Arbeit im Logistikzentrum gerade jetzt vor Weihnachten besonders Spaß. "Die Zeit ist schöner und alle sind happy."
Ob aber tatsächlich alle Mitarbeitenden bei Amazon in Kaiserslautern diese Freude teilen, lässt sich an dieser Stelle nicht klären. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert schon lange die Arbeitsbedingungen beim Online-Versandriesen. Dass diese aber so schlecht sein sollen, wie berichtet wird, ist im Amazon-Logistikzentrum in Kaiserslautern beim Besuch unseres Reporters nicht zu spüren.
SWR-Reporter: Gute Arbeitsbedingungen im Amazon-Logistikzentrum Kaiserslautern zur Weihnachtszeit
Die Stimmung scheint bei den Mitarbeitenden gut zu sein. Luft und Temperatur in den Hallen sind angenehm, die Lautstärke absolut in Ordnung - zumindest dort, wo die Führung stattfindet. Unterwegs sind mehrere Pausen- und Aufenthaltsräume zu sehen, das Logistikzentrum hat eine Kantine und Krankenstation. Auch eine Mitarbeiterin, die sich ausschließlich um die Belange der Beschäftigten kümmert, gibt es.
Dass es ihnen bei der Arbeit gut gehen soll, darauf setzt auch Amazon-Standortleiter Rogier Thijs. "Wir wollen nicht, dass sich die Arbeitsabläufe ändern, nur weil es Richtung Weihnachten geht. Wir haben alle unsere Prozesse so aufgestellt, dass sie möglichst ergonomisch und schonend sind - auch im Weihnachtsgeschäft."
Jede Woche neue Mitarbeiter in der Logistik und im Warenlager
Die Beschäftigten werden im Logistikzentrum nicht nur von Robotern unterstützt, auch die Arbeitsfläche ist so gestaltet, dass die Mitarbeitenden möglichst ergonomisch arbeiten können. Beispielsweise besteht der Boden bei den "Pickern" aus einem speziellen Kunststoff, der jeden Schritt abfedert. Hinzukommt die Unterstützung durch die vielen Roboter. Und läuft es mal nicht so rund, können die Mitarbeitenden über ein Feedback-System entsprechend Rückmeldung geben.
Doch die Stimmung an dem noch jungen Amazon-Standort in Kaiserslautern sei vor Weihnachten sehr gut, sagt Leiter Thijes. "Wir begrüßen hier jede Woche neue Kollegen und bereiten alles für Weihnachten vor." Etwa 1.700 Mitarbeitende sind aktuell im Logistikzentrum in Kaiserslautern beschäftigt. Bis Weihnachten soll die Zahl auf etwa 2.000 erhöht werden. "Diesen Stand werden wir dann fürs nächste Jahr erst einmal beibehalten."
Viele Mitarbeiter braucht es auch im Logistikzentrum. "Wir sehen schon, dass mehr Pakete rausgehen, aber von den Abläufen an sich, ist es wie vorher." Als das Zentrum im September in Kaiserslautern startete, seien an einem Tag etwa 400 Artikel verarbeitet worden. Mittlerweile seien es mehr als 300.000 am Tag.
Von der Onlinebestellung bis zum Amazon-Paket vor der Haustür
Wenn die bestellten Artikel im Logistikzentrum abgefertigt und verpackt wurden, landen sie aber noch nicht direkt beim Kunden unterm Weihnachtsbaum. Der nächste Halt ist dann erst einmal das Verteilzentrum. Die gibt es zum Beispiel in Kaiserslautern und Ramstein-Miesenbach.
Bis der Postbote mit dem fertigen Päckchen an der Haustür klingelt, hat das Weihnachtsgeschenk von der Bestellung im Internet bis zur Lieferung einen langen und spannenden Weg hinter sich gebracht - und dabei Menschen wie Sabrina und Arif kennengelernt. Davon wird es aber wohl niemandem erzählen.