U-Ausschuss zur Flutkatastrophe

Lagezentrum: "Informationen im Sekundentakt"

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Mit der Vernehmung von Beamten aus dem Lagezentrum des Innenministeriums hat der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe seine Aufklärungsarbeit fortgesetzt.

So soll bis ins kleinste Detail geklärt werden, wie Informationen aus dem Ahrtal verarbeitet wurden. Die im Lagezentrum eingegangenen Informationen in der Flutnacht vom 14. zum 15. Juli vergangenen Jahres seien "nach bestem Wissen und Gewissen abgearbeitet" worden, sagte der für die Polizei zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium, Dieter Keip, am Freitag im Landtag in Mainz.

Als "gravierendsten Fehler" nannte er die verspätete Übermittlung von Polizeidokumenten an den Untersuchungsausschuss. "Ich bedaure zutiefst den damit verbundenen Vertrauensverlust und die damit verbundenen politischen Folgen", sagte Keip mit Blick auf den Rücktritt von Innenminister Roger Lewentz (SPD). Fehler hätten aber nicht die Bewältigung der Einsatzlage betroffen. "In der ganzen Nacht haben die Kollegen versucht, Hubschrauber, Boote, Gerät und Personal zu organisieren."

"Informationen im Sekundentakt"

"Wir hatten ein sehr, sehr unübersichtliches Lagebild", sagte der Vertreter des Inspekteurs der Polizei in Rheinland-Pfalz, Martin Kuntze. Auch in den weiteren Tagen nach der Flutnacht seien "Informationen im Sekundentakt" eingegangen.

Das Lagezentrum des Innenministeriums habe sich in einem extremen Spannungsfeld zwischen dem Informationsbedürfnis von Behörden und Öffentlichkeit sowie der Anforderung befunden, nur gesicherte Informationen weiterzugeben.

Beamter im Lagezentrum: Fotos an Ministerbüro weitergeleitet

Ein Beamter des Lagezentrums beschrieb die Verarbeitung eingehender Informationen als einen komplexen Vorgang. E-Mails an das zentrale Postfach des Lagezentrums seien in insgesamt 81 verschiedene Mailordner verschoben worden. "Ich weiß, dass es bei diesem Verfahren zu Fehlern kommen kann." In der Flutnacht habe das Lagezentrum um 23.40 Uhr Fotos aus vier Orten mit bis unter das Dach im Wasser stehenden Häusern erhalten, sagte der Beamte. "Diese Bilder wurden von mir persönlich an das Ministerbüro weitergeleitet."

In einer Mail habe er sich für die "erschreckenden Bilder" bedankt, denn es sei nicht üblich gewesen, dass die Polizei Bilder ans Lagezentrum schickt. "Wir waren gedanklich in der Nacht bei den Menschen im Ahrtal", so der Beamte. "In unserer Vorstellung war es ein Hochwasser, von dem punktuell die eine oder andere Ortschaft betroffen ist." Der Zeuge fügte auf Fragen von Abgeordneten hinzu: "Was sich uns dargestellt hat, war jetzt nicht dieses Ausmaß" der später deutlich gewordenen Katastrophe.    

Umgang mit Berichten und Informationen

Im Untersuchungsausschuss ging es am Freitag erneut um die Rolle des Lagezentrums im Innenministerium. Zu klären ist, welche Berichte und Informationen von den Polizeipräsidien Koblenz und Trier sowie der Hubschrauberstaffel im Lagezentrum eingingen und wie mit diesen umgegangen wurde.

Ursprünglich sollten bereits Anfang November Zeugen zu diesen Punkten vernommen werden. Damals hatten die Abgeordneten aber beschlossen, zunächst die Überprüfung von Polizeidokumenten abzuwarten, die der Ausschuss erst mit deutlicher Verzögerung erhalten hatte.

Der neue Innenminister Michael Ebling (SPD) hatte im Oktober den saarländischen Richter Christian Seel (CDU) beauftragt, "Transparenz hinsichtlich der Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss herzustellen" und Widersprüche aufzuklären.

Seel kam in einem ersten Teilbericht zu dem Ergebnis, es sei nicht erkennbar, dass Akten oder Daten mit Absicht nicht vorgelegt worden seien. Zugleich waren rund 900 E-Mails aus dem Lagezentrum des Innenministeriums aufgetaucht, darunter einige, die nach Einschätzung des Ministeriums hätten vorgelegt werden müssen. Dazu gehöre eine Mail vom 14. Juli vom Lagezentrum an die Polizei-Hubschrauberstaffel kurz vor Mitternacht. Darin wurde der Eingang von Handybildern bestätigt - mit der Anmerkung, dass es sich "um erschreckende Bilder" handele.

Gewerkschaft der Polizei nimmt Beamte und Beamtinnen in Schutz

Die Gewerkschaft der Polizei Rheinland-Pfalz forderte unterdessen den Ausschuss auf, der "Instrumentalisierung der Polizei für die parlamentarischen Grabenkämpfe ein Ende zu bereiten". Die Landesvorsitzende Sabrina Kunz sagte, die im Ausschuss geführte, politische Schlacht müsse versachlicht werden. In Politik und Medien sei von Schlamperei und Vertuschung die Rede. Dieser Darstellung widerspreche die Gewerkschaft in aller Deutlichkeit. Es müsse jetzt darum gehen, schnellstmöglich die notwendigen staatlichen Strukturen und Abläufe zu schaffen, um künftig Katastrophenlagen in Rheinland-Pfalz bestmöglich zu bewältigen. Das Polizeipräsidium Koblenz hatte Versäumnisse bei der Weitergabe von Videos und Lageberichten eingeräumt.

Noch zwei Sitzungen bis Jahresende geplant

In seiner nächsten Sitzung am 9. Dezember will sich der Untersuchungsausschuss nach Auskunft des Vorsitzenden Martin Haller (SPD) noch einmal mit der kommunalen Krisenbewältigung im Ahrtal beschäftigen. Geladen sind 16 Zeugen aus der Region.

In der letzten Sitzung in diesem Jahr, am 16. Dezember, wird es laut Haller um das Katastrophenmanagement beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) und den Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft gehen. Die Anklagebehörde ermittelt gegen den früheren Landrat des Kreises Ahrweiler Jürgen Pföhler (CDU) und einen Mitarbeiter wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Pföhler selbst hat dies stets zurückgewiesen.

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