Immer mehr Bundesländer sagen synthetischen Drogen in Gefängnissen den Kampf an: Ein im rheinland-pfälzischen Wittlich zuerst erprobter Drogenscanner werde bald in 14 Bundesländern eingesetzt, sagte der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich, Jörn Patzak, der Deutschen Presse-Agentur. Nach einer Schulung Ende Januar seien in diesem Jahr die Länder Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen neu dabei. "Das zeigt, dass wir mit dem Drogendetektor am Puls der Zeit sind", sagte der Jurist.
Wie funktioniert der Drogenscanner?
Der Drogenscanner kann neue psychoaktive Substanzen (NPS) erkennen, die auf Papier geträufelt mit Briefen in die JVAs geschmuggelt werden. Diese synthetischen Drogen machten heute rund 80 Prozent der Drogen in einem Gefängnis wie der JVA Wittlich aus, sagte Patzak. Anders als klassische Drogen wie Kokain oder Cannabis sind sie nicht sichtbar und geruchlos.
Der Detektor, der im Sommer 2018 in Wittlich in einem Pilotprojekt startete, spürt jene Substanzen auf: Mit einem Teststreifen nehmen JVA-Mitarbeiter Proben, die Streifen legen sie dann in das Gerät, um nach wenigen Sekunden eine Analyse zu erhalten.
Viele Bundesländer und Niederlande nutzen das Gerät
Eine Datenbank am Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz, die die Substanzen auflistet, wird ständig aktualisiert. Derzeit seien rund 100 Substanzen erfasst, meist synthetische Cannabinoide. "Die Datenbank stellen wir allen Bundesländern zur Verfügung." Außer Nordrhein-Westfalen und Bremen machen inzwischen alle Länder mit. Und auch Kooperationspartner im Ausland: Seit 2023 sei auch die Niederlande mit vier Haftanstalten bei dem Projekt dabei.
Mit Luxemburg gebe es zudem bereits konkrete Gespräche über eine Kooperation. Weitere europäische Länder hätten angefragt. Die im Justizvollzug mit dem LKA entwickelte Drogenscanner-Datenbank sei "ein echter Exportschlager", teilte das Justizministerium mit. Laut JVA-Chef Patzak trägt der Austausch auch dazu bei, die Datenbank zu erweitern. Es könne sein, dass in den Niederlanden ein Stoff früher auftauche als in Deutschland. "Dann können wir hier schneller reagieren."
Scanner als Prävention: "Noch keine Drogentoten"
Der Scanner hat in Rheinland-Pfalz und im Saarland schon viele Treffer gehabt: Bis Ende 2023 seien bei insgesamt 2.700 Vorgängen und 11.250 gemessenen Asservaten in den Gefängnissen 664 Fälle vorgekommen, in denen Drogen nachgewiesen wurden, sagte Patzak. Davon entfielen auf die JVA Wittlich rund 1.500 Vorgänge und 257 Treffer.
Die Designerdrogen seien höchst gefährlich, sagte Patzak. "Wir wollen verhindern, dass die Gefangenen kollabieren." Meist würden Konsumeinheiten in Form von kleinen Quadraten auf kariertem Papier herausgeschnitten und geraucht. Der Konsument wisse oft nicht, wie der Stoff wirke und wie viel aufgeträufelt sei. "Es gibt eine hohe Gefahr der Überdosierung. Zum Glück hatten wir noch keinen Drogentoten."
Aber auch zum Schutz der Mitarbeiter sei der Kampf gegen Drogen wichtig, sagte der Leiter des größten Gefängnisses in Rheinland-Pfalz mit knapp 500 Insassen. "Dieses Zeug macht hochaggressiv, und Gefangene ticken völlig unerwartet aus von der einen auf die andere Sekunde."
Hohe Gewinnmarge bei synthetischen Rauschgiften
So ein präpariertes DIN A4-Blatt koste in der Herstellung fünf bis zehn Euro, werde aber in der JVA für 150 bis 200 Euro gehandelt. "Das ist eine Gewinnmarge, die man bei keiner klassischen Droge hat."
Drogenscanner in Wittlich schlug an Handel mit psychoaktiven Substanzen: Häftling vor Gericht
Ein Häftling der JVA Wittlich muss sich ab Montag vor dem Amtsgericht Wittlich verantworten. Ihm wird Handel mit sogenannten psychoaktiven Substanzen vorgeworfen.
Statt Briefe direkt an den Konsumenten oder Händler im Knast zu schicken, werde mittlerweile versucht, andere Gefangene ohne Drogenhintergrund "als Zwischenstation" zu nutzen. "Das ist immer ein bisschen wie ein Katz- und Mausspiel", sagte der JVA-Leiter. Briefe an Gefangene würden bei Verdacht, aber auch stichprobenartig geöffnet und auf Drogen gescannt. "Da sehen wir sofort, ob was drauf ist oder nicht." Als zweite Methode würden Gefangene oft Anwaltspost fälschen lassen, "in der Hoffnung, dass diese dann nicht kontrolliert wird".