Unzufriedenheit mit einer konkreten Regierung, konkreten Politikerinnen und Politikern, Parteien, mit der Infrastruktur oder den Energiepreisen - das könne sie alles nachvollziehen, sagt Ursula Münch. Im Demokratieforum macht die Leiterin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing aber auch klar: "Was ich nicht nachvollziehen kann ist, dass man aus dieser Unzufriedenheit dann auf die Demokratie schließt." Das Kritisierte könne man nicht einfach mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gleichsetzen.
Lang: "Demokratie hat Stärke gezeigt"
"Wir haben eigentlich gezeigt, wie stabil diese Demokratie ist", meint Grünen-Chefin Ricarda Lang. Als Beispiele nennt sie den Umgang mit der Energiekrise, die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst wurde. Trotz vieler Unkenrufe sei die Solidarität mit der Ukraine in Deutschland in der Krise nicht gebrochen, so Lang. Die Demokratie habe damit Stärke gezeigt. Die Grünen-Vorsitzende gibt aber zu, dass gleichzeitig viele Menschen das Gefühl hätten: "Was im Parlament passiert, das hat nichts mit mir zu tun oder ich werde da nicht mit gedacht".
Kritik an Streitigkeiten in der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP in Berlin kann Lang nur bedingt nachvollziehen. Das Problem sei, dass die Inhalte und die Ergebnisse der Auseinandersetzungen oft zu kurz kämen, etwa was sie für den Alltag der Menschen bedeuteten. Stattdessen werde zunehmend in den Mittelpunkt gestellt, wer als Sieger oder Verlierer aus dem jeweiligen Streit hervorgegangen sei, so Lang.
"Die Ruhigen werden noch ruhiger"
Einigkeit gibt es in der Diskussionsrunde darüber, dass sich der Ton in der Politik verschärft hat. Dafür sei vor allem die AfD verantwortlich. Seit ihrer Gründung vor zehn Jahren gebe es eine Enthemmung und eine zunehmende Rohheit. Ursula Münch befürchtet, dass sich deshalb möglicherweise viele Menschen lieber aus öffentlichen Diskussionen heraushalten: "Das bedeutet auch, dass sich dann diejenigen, die das anwidert, sich unter Umständen zurückhalten." Die Ruhigen würden noch ruhiger. Das sei fatal, weil die öffentliche Meinung wichtig für die freiheitliche Demokratie sei.
"AfD-Wähler sind von dem überzeugt, wofür die Partei steht"
"Die AfD ist keine Protestpartei." Mit dieser Einschätzung räumte der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky auf. Studien belegten, dass Menschen, die die AfD wählten, von dem überzeugt seien, wofür die Partei stehe - sowohl gesellschaftspolitisch als auch mit Blick auf das Demokratiemodell, das die AfD vertrete.
"Trotzdem sagen wir noch, dass sind Menschen, die sind unzufrieden und die unterstützen die AfD aus Protest." Laut Lewandowsky gibt es zwar verschiedene Einstellungen zur Demokratie in der AfD-Wählerschaft. Alle diese Einstellungen seien "auf irgendeine Art illeberal". Die AfD-Wähler glaubten zwar, sie seien die eigentlichen Demokraten, sie lehnten aber den liberalen, pluralistischen Teil der Demokratie ab.
Die Aufzeichnung der Diskussion finden Sie ab Freitag, 15. September in der ARD Mediathek und ab Samstag, 16. September (abends) im SWR YouTube Channel. Am Sonntag, 17. September um 11:15 Uhr wird die Sendung im SWR Fernsehen ausgestrahlt.