"Wir müssen erstmal definieren, was wir unter Gendern verstehen", meint Julia Klöckner. Die rheinland-pfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete stellt dann im Demokratieforum Hambacher Schloss klar: "Ich sage Verbraucherinnen und Verbraucher, Bürgerinnen und Bürger. Ich schreibe aber keinen Doppelpunkt und kein Sternchen oder sonstwas." Und sie fügt hinzu: "Ich darf auch angenervt sein von übertriebenem Gendern."
Identität wird zunehmend thematisiert
Es geht um Identität in der Diskussionsrunde. Die Identität von Menschen wird zunehmend thematisiert. Das drückt sich auch in der Sprache aus, die sich verändert. Viele Menschen halten dies für wichtig. Ihnen geht es darum, wahr- und ernstgenommen zu werden, dass ihre Identität sichtbar und nicht übergangen wird.
"Jeder hat das Recht, in seiner Identität entsprechend angesprochen zu werden", sagt Moderator Michel Friedman. "Sie sind genervt von dieser Forderung" - so Friedman an Klöckner gerichtet - "aber Menschen sind seit Langem genervt, dass sie sich nicht wiederfinden im Männlichen und Weiblichen, sondern im Dazwischen."
Zur Identität eines Menschen gehören etwa die Herkunft, die Familie, die Zugehörigkeit zu einem Land oder welchem Geschlecht sich ein Mensch zugehörig fühlt - also die eigene Geschlechtsidentität. Die Identität ist also das, was einen Menschen aus- und zu einer Persönlichkeit macht. Durch ihre Identität fühlen sich Menschen aber auch anderen verbunden und beispielsweise einer Gruppe zugehörig.
Recht neu in der Identitätsdebatte: Die alten weißen Männer
Eine Gruppe, die in der Identitätsdebatte recht neu ist, sind die "alten weißen Männer". Jörg Scheller, Autor und Kunstwissenschaftler, warnt davor, bestimmte Fehler auf der Diskursebene zu wiederholen: "Weiß, schwarz, Mann, Frau. Man kann das benutzen, um Gesellschaft zu analysieren, um Realität zu verstehen, aber man sollte das nicht als neuerliche Zuschreibungen reproduzieren.
Scheller rät auch zur Vorsicht, neue scheinbar homogene Gruppen zu konstruieren. "Ich möchte eigentlich gar nicht über alte weiße Männer sprechen, weil ich glaube, dass diese Gruppenkonstruktion eher unsichtbar als sichtbar macht." Die Frage sei unter anderem: "Wo beginnt weiß?"
Alte weiße Männer: "Begriff kann Kränkung, aber keine Diskriminierung sein"
Alte weiße Männer sei eine deskriptive Beschreibung, die auch Macht beschreibe. Der Begriff sei aber keine Diskriminierung, so die Autorin und Politikwissenschaftlerin Emilia Roig: "Alte weiße Männer sind in allen Sphären der Macht überwiegend vertreten. In den Medien, der Politik, in der Wissenschaft, überall. Das heißt, wir können nicht von einer umgekehrten Diskriminierung sprechen, auch wenn der Begriff zu einer Kränkung führen kann."
"Demokratieforum Hambacher Schloss: Herkunft, Geschlecht, Religion - Wie viel Identität verträgt die Gesellschaft?" Die Autorin und Wissenschaftlerin Emilia Roig, die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner und der Journalist und Kunstwissenschaftler Jörg Scheller im Gespräch mit Michel Friedman.