Rheinland-Pfalz hat ein Problem: Es gibt in vielen Bereichen zu wenig Fachkräfte. Der Markt ist hart umkämpft, Unternehmen müssen sich einiges einfallen lassen, um gute Köpfe zu gewinnen. Fast schon Standard sind Faktoren wie eine angemessene Bezahlung und die Möglichkeit einer Work-Life-Balance. Um das zu erreichen, setzen Arbeitgeber beispielsweise auf flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten oder eine Vier-Tage-Woche.
Arbeitsmarkt Fachkräfte verzweifelt gesucht – Was gegen die Personalnot hilft
Der Fachkräftemangel ist bereits groß. Was dagegen helfen könnte: 4-Tage-Woche, Azubis aus dem Ausland, länger arbeiten, mehr Wertschätzung für Handwerk und Sozialberufe.
Eine SWR-Umfrage hat ergeben: Viele Arbeitgeber bieten zusätzlich Benefits an, etwa eine betriebliche Altersvorsorge, Jobtickets oder eine eigene Betriebskita. "Der Kampf um die besten Talente wird gerade für die kleineren Betriebe zunehmend schwieriger", beobachtet Steffen Jans von der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz. Kreativ seien inzwischen aber viele.
Fünf Ideen aus RLP, um Fachkräfte anzulocken
Hier einige Ideen, wie Unternehmen im Land Fachkräfte gewinnen und halten wollen. Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die Beispiele sind zudem Teil eines umfassenderen Angebots der Arbeitgeber:
"Periodenfrei" bei Canyon in Koblenz
Job Sharing bei Daimler Truck in Wörth
Erlebnispädagogische Projekte bei KSB in Frankenthal
Kostenlos Wohnen beim Pfalzklinikum Klingenmünster
Eigener Sportverein bei Schott in Mainz
"Periodenfrei" bei Canyon in Koblenz
Der Fahrradhersteller Canyon hat Schlagzeilen gemacht, weil er seinen Mitarbeiterinnen "freie Tage für die Tage" anbietet, also eine Freistellung für die Zeit der Menstruation. Seit Beginn des Jahres gibt's dafür zwei Tage pro Jahr, ab 2025 vier Tage. Zusätzlich stellt das Unternehmen kostenfrei Periodenartikel zur Verfügung. Laut Betriebsrat sollen die Angebote die Menstruation enttabuisieren und ein Bewusstsein für weibliche Bedürfnisse schaffen. Dadurch werde auch das Wohlbefinden der Frauen am Arbeitsplatz gefördert.
Neuer Tarifvertrag bei Koblenzer Radhersteller Beschäftigte von Canyon bekommen jetzt "Periodenfrei"
Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Inflationsbonus und Freistellung bei Menstruation - das sind nur drei Punkte des neuen Tarifvertrags beim Fahrradhersteller Canyon.
Job Sharing bei Daimler Truck in Wörth
"Natürlich spüren auch wir den verstärkten Wettbewerb um qualifizierte Kräfte", sagt Heiko Pappenberger von Daimler Truck. Das Unternehmen könne seine freien Stellen aber mit hochqualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten besetzen. Eine Erklärung dafür seien die vielen Arbeitszeitmodelle. Eines davon nennt sich Job Sharing: Zwei Menschen in Teilzeit teilen sich einen Arbeitsplatz. Die meisten "Jobsharer" sind laut Daimler Frauen, die sich Zeit für die Kinderbetreuung nehmen, für die Pflege von Angehörigen, für eine Lehrtätigkeit oder für ein intensives Hobby.
Arbeitswelt Generation Freizeit – Warum Arbeit für Berufseinsteiger nicht alles ist
Die Gen Z achtet auf Work-Life-Balance, Sinnhaftigkeit im Job und ihre mentale Gesundheit. Angesichts von Fachkräftemangel kann sie viel fordern.
Erlebnispädagogische Projekte bei KSB in Frankenthal
Dreiräder in der Kita reparieren, statt Schleifmaschinen in der Werkhalle zu bedienen. Essen in einem Pflegeheim ausgeben oder an einem Lauf gegen Rassismus mitmachen. Alles Beispiele für erlebnispädagogische Projekte, die der Pumpenhersteller KSB seinen Azubis anbietet. Das Ziel ist ein Perspektivwechsel der Auszubildenden, heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Kostenfreie Tablets gibt's dazu, um eine nahezu papierlose Ausbildung zu durchlaufen. Für die Qualität der Ausbildung ist KSB nach eigenen Angaben mehrfach ausgezeichnet worden.
Kostenlos Wohnen beim Pfalzklinikum Klingenmünster
Vier Tiny Houses, je 25 Quadratmeter groß, inklusive Wohnküche, Schlafzimmer und Bad. Mit diesem Angebot will das Pfalzklinikum in Klingenmünster Fachkräfte zu sich holen. Die psychiatrische Klinik bietet seit 2022 auf ihrem Gelände die Mini-Unterkünfte an, vor allem für Berufsanfänger. Auch Praktikanten können dort wohnen. Sie müssen keine Miete zahlen. Nach sechs Monaten müssen die Bewohner allerdings ausziehen. Kliniksprecherin Laura Kirschbacher sagt: "Im ländlichen Raum müssen wir uns etwas einfallen lassen." Das scheint zu klappen: Die Häuschen seien meist belegt.
Eigener Sportverein bei Schott in Mainz
Wie wichtig das Thema Gesundheitsmanagement für Unternehmen ist, zeigt sich am Beispiel des Spezialglasherstellers Schott: Das Unternehmen hat seit 1953 einen eigenen Sportverein, den Turn- und Sportverein Schott Mainz (TSV). Heute sind in dem Verein rund 4.000 Mitglieder, er ist damit nach eigenen Angaben der größte Breitensportverein in Rheinland-Pfalz. Am bekanntesten ist die Fußballabteilung mit seinem Oberligisten TSV Schott Mainz. Daneben gibt es auch noch American Football, Kegeln, Schach und Taekwondo - insgesamt 30 Sportarten. In einem eigenen Gesundheits- und Fitnesszentrum wird zudem Senioren- und Rehabilitationssport angeboten.