Nach 25 Jahren in der Castor-Apotheke ist für Brigitte Hanke bald Schluss. Seit 180 Jahren gibt es die Apotheke in Treis-Karden an der Mosel – genauer gesagt: in Karden. Am Tag vor Weihnachten öffnet sie das letzte Mal. Vor allem für die Älteren im Ort ein Problem. "Es gibt ja auch noch Leute, die kein Auto haben, die dann nicht bis nach Treis fahren können", sagt eine Kundin.
In Treis, dem Ortsteil auf der anderen Moselseite, haben die Hankes eine zweite Apotheke, knapp anderthalb Kilometer entfernt. In Karden lohne sich die Apotheke einfach nicht mehr, sagen sie. Im Umfeld gebe es keine Ärzte mehr, die anderen Geschäfte seien schon lange weg.
Immer weniger Apotheken in Rheinland-Pfalz
"Es werden in den nächsten Jahren noch sehr viele Apotheken verschwinden", erklärt Brigitte Hanke. "Vor allem viele kleinere Apotheken, wo der Unternehmerlohn geringer ist als ein Angestelltengehalt." Es gebe viel Aufwand durch Bürokratie, die Kosten stiegen, die Erträge würden sinken. Auf Dauer sei das nicht zu stemmen, sagen die Hankes.
Der Trend ist jedenfalls eindeutig: In den letzten zwanzig Jahren hat fast ein Viertel der Apotheken in Rheinland-Pfalz geschlossen. Waren es 2002 noch 1.191, sank die Zahl bis 2022 auf 897 - Tendenz weiter sinkend. So wenige wie jetzt waren es zuletzt Mitte der 70er Jahre.
Land sieht keinen Handlungsbedarf
Die Landesregierung sieht dabei keinen Handlungsbedarf. "Natürlich sehen wir, dass es an der einen oder anderen Stelle schwierig ist mit der Notdienstversorgung. Dass Menschen, wenn sie nachts ein Medikament brauchen, auch mal 20 Kilometer weit fahren müssen", sagt Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). "Dieser Notdienst wird aber von den Apotheken organisiert."
Gerade die Apotheken im ländlichen Raum litten auch unter der Neigung der Menschen, im Online-Versandhandel zu bestellen, sagt Hoch weiter. Das werde dann auch spürbar.
Apothekerkammer sieht schlechte Rahmenbedingungen
Ganz so unkritisch sieht das die Landesapothekerkammer nicht. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würden immer schlechter, die eigene Apotheke immer unattraktiver, sagt Präsident Peter Stahl. Es werde zwar immer Apotheken geben, die überleben. "Aber die Versorgung gerade in ländlichen Strukturen bei uns in Rheinland-Pfalz wird immer schwieriger werden."
Und die Probleme gebe es auch nicht nur auf dem Land, betont Stahl. "Wir haben generell auch damit zu kämpfen, dass viele junge Menschen nicht mehr in die Selbständigkeit wollen." Das führe zu Nachwuchsproblemen - auch für Betriebe, die wirtschaftlich relativ gut dastünden, die aber sagen: "Wenn wir keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr finden, dann müssen wir schließen, weil wir irgendwann nicht mehr können."
Erfolglose Suche nach Nachfolger
Genau so ging es Apotheker Gerald Hanbuch mit seiner Filiale in Neustadt an der Weinstraße. Die Filialleiterin dort hatte zum Juli gekündigt, ein Nachfolger fand sich trotz intensiver Suche nicht. Seit August ist die Apotheke geschlossen.
Ein neuer Mieter fand sich aber auch nicht, als Hanbuch versuchte, die Einrichtung quasi zu verschenken - inklusive Mobiliar. Aber: "Niemand will es haben, noch nicht mal geschenkt." Trotz eines guten Kundenstamms und eines guten Umfelds. 13 Ärzte gebe es in unmittelbarer Nähe, erzählt Hanbuch. An Kunden habe es nicht gemangelt, nur an Apothekern. Denn Arbeit in der Apotheke heißt auch Notdienste, lange Tage, ständig da sein. Viele zieht es deshalb eher in die Industrie.
Apothekensterben vor allem Problem für Ältere
Das Apothekensterben ist vor allem für ältere Menschen auf dem Land zunehmend ein Problem. Eines, das die Politik aber offenbar noch nicht als solches erkannt hat.