AOK-Fehlzeitenreport Burnout: Was kann ich tun, bevor ich ausgebrannt bin? (Symbolbild)

AOK-Fehlzeiten-Report 2024

So können Sie sich vor Burnout schützen

Stand

Immer häufiger fallen Beschäftigte wegen psychischer Erkrankungen aus. Wie können sich Arbeitnehmer zum Beispiel vor einem Burnout schützen und was sind erste Warnzeichen?

Seit Jahren steigt die Zahl der Krankschreibungen, nicht nur in Rheinland-Pfalz. Doch im aktuellen AOK-Fehlzeiten-Report macht eine Entwicklung Sorgen. Immer öfter waren Beschäftigte wegen Burnout-Erkrankungen nicht arbeitsfähig. Die Zahl der Krankheitstage wegen Burnout-Erkrankungen stieg in Rheinland-Pfalz von 89 Tagen je 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder im Jahr 2014 auf 159 Tage im Jahr 2024 (Stand August 2024).

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Und die Betroffenen sind länger krankgeschrieben als in der Vergangenheit (siehe Grafik unten). Die Fehltage aufgrund von Depressionen, Burnout oder anderer psychischer Erkrankungen sind in Rheinland-Pfalz seit 2014 um knapp 31 Prozent gestiegen (Stand August 2024). Besonders betroffen waren Berufe im Bereich "Erziehung und Unterricht" sowie Gesundheits- und Sozialwesen und öffentliche Verwaltung.

Die Zahl der Krankheitstage wegen Burnout-Erkrankungen stieg in Rheinland-Pfalz von 89 Tagen je 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder im Jahr 2014 auf 159 Tage im Jahr 2024 (Stand August 2024).

Thomas Flocken ist psychologischer Psychotherapeut und Vorsitzender der Deutschen Depressionshilfe Landau/Weinstraße. SWR Aktuell RLP ihn gefragt, was Betroffene tun können.

Was ist ein Burnout?

Das Burnout-Syndrom bezeichnet einen Zustand, bei dem der Patient durch andauernden beruflichen Stress derart belastet ist, dass sich ein Zustand physischer und emotionaler Erschöpfung mit deutlich reduzierter Leistungsfähigkeit einstellt. Gab es das Burnout-Syndrom schon bei früheren Generationen? Der Psychotherapeut Thomas Flocken ist sich sicher: "Ja, das ist nichts Neues. Aber früher wurde diese krank machende Überforderung einfach nicht diagnostiziert." Die Betroffenen hätten damit gelebt, bis sich eine Folgekrankheit daraus entwickelte, die dann diagnostiziert wurde.

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Welche Ursachen für einen Burnout gibt es?

Auch wenn Menschen schon in der Vergangenheit unter Burnout-Symptomen gelitten haben, scheint die Welt doch komplizierter geworden zu sein. Flocken zählt auf, was auf den Menschen von heute alles hereinstürmt: "Wir haben den Fokus auf negativen Nachrichten, die Arbeitsdichte steigt, die Ansprüche steigen. Wir haben es mit immer mehr Verordnungen zu tun. Wenn etwas schief läuft, steht man in der Presse oder man wird verklagt. Es gibt viel mehr Kommunikationskanäle, die wir im Blick haben müssen. Man muss sich über viel mehr Dinge Gedanken machen."

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Welche Warnzeichen gibt es?

Ein Burnout kündigt sich immer schon lange vor dem Zusammenbruch an, erklärt Thomas Flocken. "Man ist müde, erschöpft, kann sich schlecht konzentrieren und wird vergesslich." Solche Erschöpfungszustände kennt jeder und jede von sich. Doch der Unterschied zum Burnout ist: Einmal Ausschlafen oder ein freies Wochenende reichen nicht, um die Akkus aufzufüllen. Die Aufgaben scheinen einem über den Kopf zu wachsen. Man reagiert ungeduldig und gereizt. Lange Zeit versuchten Betroffene, dann diese Warnzeichen zu ignorieren, sagt Flocken.

"Doch dann kann der Tag kommen, wo plötzlich gar nichts mehr geht", sagt Flocken. Er erzählt von einem Mann, der einen Flyer für eine Veranstaltung machen wollte und plötzlich nicht mehr wusste "welche Knöpfe er dafür am PC drücken musste". So ein Zusammenbruch sei für die Betroffenen extrem schockierend und beängstigend. Wenn sich ein Burnout anbahnt, zeigen sich auch körperliche Anzeichen. "Die Betroffenen sind anfälliger für Infekte oder der Puls geht abends nicht mehr runter."

Wie kann ich einem Burnout vorbeugen?

Der Psychotherapeut Thomas Flocken nennt drei wichtige Punkte.

  • Selbstfürsorge! Sich selbst etwas Gutes tun! "Wenn man jahrelang für seinen Arbeitgeber oder für seine Familie da war, hat man oft gar keinen Zugang mehr zu den eigenen Bedürfnissen." Flocken rät Betroffenen etwas zu tun, das ihnen Spaß macht und bei dem sie sich entspannen können. Das Handy, Instagram und Co sollten dabei ausgeschaltet bleiben.

"Und vor allem sollte man dabei im Hier und Jetzt verankert bleiben und nicht über die Vergangenheit oder die Zukunft grübeln. Solche "Achtsamkeitsinseln" könne sich jeder selbst erzeugen, sagt Flocken. "Wenn Sie eine Tasse Kaffee trinken, mal kurz innehalten und den Duft durch die Nase aufnehmen."

  • Das eigene Wertesystem hinterfragen! "Wer sich fortwährend überfordert und gestresst fühlt, sollte sich fragen, ob sein Wertesystem zu stark auf Leistung ausgerichtet? Und ist das, was ich gerade mache, hilfreich mein Leben zu leben, wie ich es möchte?" Zu hohe Ansprüche an sich selbst, könnten eine Ursache für einen Burnout sein.
  • Gefühlen mehr Raum geben! "Oft wischen wir negative Gefühle, wie Ärger oder Kränkung, einfach schnell weg und sagen uns: Komm, weiter gehts. Aber es hilft, wenn man sich fragt, wo kommt denn dieser Ärger her? Irgendeine Regel, die man da innerlich hatte, wurde ja verletzt." Wenn man sich auf diese Weise mit seinen Gefühlen befasse, könne man die eigenen Bedürfnisse besser erkennen.

Sich im Trubel des Alltags seiner eigenen Gefühle bewusst werden, ist oft gar nicht so einfach. Flocken rät zu "Mikropausen," die man sich ganz bewusst setzt. Zu einer bestimmten Uhrzeit die Arbeit unterbrechen und sich fragen: Wie geht es mir jetzt in diesem Augenblick? Wie fühle ich mich?

Was kann ich als Arbeitnehmer tun?

Zu allererst erkennen, meint Flocken, dass ich für meinen Arbeitgeber insgesamt wertvoller bin, wenn ich für mich sorge. "Denn bei der Arbeit regelmäßig kleine Pausen einzulegen, kostet den Arbeitgeber weniger, als wenn ich wegen Krankheit wochenlang ausfalle." Es sei aber auch wichtig, dass psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ein Thema sei, über das offen gesprochen werden könne. "Es ist unheimlich wichtig, sich in einem vertrauensvollen Gespräch mit der Vorgesetzten, dem Betriebsrat oder einer anderen Vertrauensperson zu öffnen."

Was kann ich als Arbeitgeber tun?

Arbeitgeber sollten eine Atmosphäre schaffen, in der Überarbeitung und Überforderung angesprochen werden können. Unternehmen können zudem Schulungen anbieten, wie Führungskräfte und Mitarbeitende Burnout-Symptome erkennen und was sie dagegen tun können. Und auch der AOK-Fehlzeiten-Report kommt zu dem Ergebnis, dass es in Unternehmen mit guter emotionaler Bindung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten weniger Krankmeldungen gibt.

Das Fazit von Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin im Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports: "Wenn Organisationen ihre Beschäftigten längerfristig binden wollen, sollten sie Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und zur Verbesserung der individuellen Passung der Beschäftigten zur eigenen Arbeit ergreifen. Außerdem sollten sie die Führungskompetenzen ihres Leitungspersonals stärken und mit betrieblicher Gesundheitsförderung in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren."

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