Geldautomatensprengungen in RP: Weniger Fälle dank Schutzmaßnahmen

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Florian Rudolph
Porträt Florian Rudolph

461mal haben Kriminelle im vergangenen Jahr Geldautomaten in Deutschland gesprengt. Das ist weniger als 2022. Dabei ist nicht allein das gestohlene Geld das größte Problem, sondern der Sachschaden durch die Sprengung und die Gefährdung von Anwohnern. Am Montag wurde in Thomm im Kreis Trier-Saarburg ein Geldautomat gesprengt. Doch auch in Rheinland-Pfalz gibt es weniger Taten. Welche Schutzmaßnahmen es gibt und wie sie wirken, darüber hat SWR-Aktuell-Moderator Florian Rudolph mit Thomas Hirsch gesprochen. Er ist Präsident des Sparkassenverbandes Rheinland-Pfalz.

SWR Aktuell: In Rheinland-Pfalz gab es nur noch halb so viele Automatensprengungen. Welche Gründe sehen Sie dafür?

Allein die Sparkassen in Rheinland-Pfalz haben rund 12,5 Millionen Euro investiert

Thomas Hirsch: Es ist sicherlich ein ganz konzertiertes Vorgehen gewesen, das zum Erfolg geführt hat. Zum einen haben wir gemeinsam mit dem LKA, mit den Polizeibehörden spezielle Risikobetrachtungen gemacht - für jeden einzelnen Automatenstandort in Rheinland-Pfalz, das sind genau 1854. Wir haben auf der Basis dieser Risikoeinschätzung dann genaue Sicherheitskonzepte erstellt. Dafür haben allein die Sparkassen in Rheinland-Pfalz in den letzten Monaten rund 12,5 Millionen Euro investiert. Die Sicherheitsmaßnahmen, die die Polizei gefahren hat, der Ermittlungsdruck, der aufgebaut wurde und eben auch die Investitionen in die Sicherheit bei den Banken und Sparkassen haben dazu geführt, denken wir, dass diese Angriffe zurückgegangen sind.

SWR Aktuell: Können Sie dazu konkreter was sagen? Oder unterliegt das dem Betriebsgeheimnis, was sie dafür Schutzmaßnahmen umgesetzt haben?

Es ist nicht mehr attraktiv, Bankautomaten anzugreifen

Hirsch: Die sind ja auch in der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Für uns ist es immer wichtig zu vermitteln, dass nicht jeder Standort das gleiche Sicherheitskonzept hat. Wir schauen uns zunächst mal immer ganz genau an: Wo ist die Lage? Die nächste Frage ist, wie die Gebäudesituation ist. Es wurden Gebäude aufgerüstet.  Wie ist die technische Ausstattung? Es wurden Sicherheitstechnik nachgerüstet, von Vernebelung über Einfärbung über sonstige Schutzmaßnahmen, die am Ende mit einem Maßnahmenmix dazu führen, dass jeder Standort möglichst optimal abgesichert sein müsste. Und offensichtlich zeigt sich auch in den Fällen, wo dennoch Angriffe stattgefunden haben, dass die Täter nicht mehr erfolgreich waren. Insofern hat auch ein Lernprozess auf der Täterseite eingesetzt. Das war das Ziel, den Tätern zu vermitteln: Es ist nicht mehr attraktiv, dort anzugreifen. Denn das ist ja unser Hauptproblem: Es geht ja nicht nur darum, dass hier ein Bankautomat angegriffen wird, sondern es ist ein Angriff auch auf Menschen, denn diese Sprengungen sind heute extrem gefährlich, oftmals auch mit Schaden an dem gesamten Gebäude unten. Und am Ende ist es ja auch ein Angriff auf die öffentliche Infrastruktur. Und deswegen ist es wichtig, dagegenzuhalten.

SWR Aktuell: Was wissen Sie denn über die Täter? Und warum ist Rheinland-Pfalz offensichtlich bei denen eben in der Vergangenheit immer so beliebt gewesen für solche Verbrechen?

Hirsch: Es scheint so zu sein, als sei es eine Art, wie der Minister immer wieder sagt, importierte Kriminalität, nämlich aus den Niederlanden, organisiertes Verbrechen von afrikanischen, nordafrikanischen Banden. Die sind unterwegs insbesondere, aber nicht nur, in Grenznähe, weil sich da natürlich für die Flucht noch mal bessere Möglichkeiten eröffnen. Und deswegen war auch für uns so wichtig, dass der Ermittlungsdruck nicht nur innerhalb von Deutschland aufgebaut wurde, sondern auch über die Bundesgrenzen weg. Und es gab ja in jüngster Zeit auch gerade erste Ermittlungen.

SWR Aktuell: Wie erfolgreich sind Sie denn dabei?

Hirsch: Gerade in jüngster Zeit gab es wieder einen dieser abgestimmten Ermittlungs- und Verhandlungstage mit Festnahmen in den Niederlanden. Und das gibt natürlich auch ein Signal in die Täterszene.

SWR Aktuell: Die Schadenssumme ist laut Innenministerium in Mainz deutlich gesunken, von 9 Millionen Euro vor zwei Jahren auf 900.000. Aber welche Ausgaben für mehr Schutz, für Schutzmaßnahmen, stehen dem entgegen?

Hirsch: Es stehen tatsächlich Millionenbeträge entgegen. Wir haben allein in der Sparkassengruppe in den vergangenen Monaten dafür etwa 12,5 Millionen Euro aufgewandt für verbesserte Technik. Und das ist noch nicht das Ende, weil es teilweise auch zur Verlegung von ganzen Standorten kam, zu Kooperationen auch mit anderen Banken, um Standorte an anderer Stelle möglich machen zu können. Und wir stellen am Ende eben fest, dass wir immer mehr investieren müssen, um die Bargeldversorgung sicherzustellen.

Natürlich wird es immer auf der Seite der Täter auch eine Fortentwicklung geben

SWR Aktuell: Die Verbrechen werden weniger. Sie kommen aber trotzdem weiterhin vor. Muss man dann am Ende doch eingestehen, dass absoluter Schutz nicht möglich ist?

Hirsch: Wir haben natürlich auch immer auf der Täterseite eine Entwicklung. Früher hatten wir Geldautomaten, die mit Gas gesprengt wurden, dann wurde nachgerüstet, dass das nicht mehr möglich ist. Jetzt werden Geldautomaten mit Sprengsätzen angegriffen, da haben wir wieder dagegengehalten. Natürlich wird es immer auf der Seite der Täter auch eine Fortentwicklung geben. Deshalb werden auch wir uns darauf einstellen müssen, immer weiter in die Sicherheit zu investieren.

SWR Aktuell: Welche Möglichkeiten haben Sie dann noch?

Hirsch: Es gibt weitere Systeme, beispielsweise auch die Verklebetechnik, die in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Das wäre ein weiteres Mittel im Instrumentenkasten. Wir werden verstärkt auch auf Kooperationen setzen, mit anderen Banken, damit wir optimale Standorte haben, sowohl für die polizeiliche Situation als auch für die Versorgungssituation.