Bahnstreik-Ende: "Allianz Pro Schiene" fordert mehr Garantien vom Staat

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Autor/in
Arne Wiechern

Erleichterung für Pendler und andere Bahn-Fahrgäste: Die Lokführergewerkschaft GdL hat ihren Streik bei der Deutschen Bahn früher als geplant beendet. Die GdL und die Spitze der Deutschen Bahn haben vereinbart, wieder miteinander zu reden. Seit gestern Abend 18 Uhr fahren wieder Güterzüge – und seit 2 Uhr in der Nacht auch die Personenzüge. Streiks soll es bis zum 3. März nicht geben. Das findet der Geschäftsführer des Verbands Allianz Pro Schiene, Dirk Flege, gut. Warum er nun von der Politik mehr Einsatz und mehr Garantien fordert, erklärt Flege im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Arne Wiechern.

SWR Aktuell: Fast einen Tag früher als geplant ist der Streik beendet worden, und beide Seiten reden zumindest wieder miteinander. Wie sehr hat Sie diese Nachricht beruhigt?

Dirk Flege: Sie hat mich beruhigt, weil ich erst mal selbst jetzt wieder mit der S-Bahn zur Arbeit fahren kann. Das freut mich sogar ganz persönlich und eigennützig. Ich glaube, für das Land ist das eine sehr, sehr gute Nachricht. Und das ist in der Tat beruhigend, dass jetzt bis zum 3. März definitiv kein Streik sein wird, weil die beiden Tarifparteien jetzt miteinander in den Dialog gehen. Sogar Schlichter sind vorgesehen, falls sie sich aus eigener Kraft nicht einigen können. Und ich glaube, darüber können wir uns alle freuen in der Republik. Das ist wirklich eine gute Nachricht am Montagmorgen.

SWR Aktuell: Ihr Verkehrsbündnis setzt sich dafür ein, den Marktanteil des Schienenverkehrs sowohl bei Gütern als auch im Personenverkehr zu erhöhen. Nun hat dieser Streik schon eine ganze Zeit gedauert. Und auch wenn es jetzt erst mal bis März keine weiteren Streiks geben soll: Ausgeschlossen ist es nicht, dass dann eben doch mal wieder gestreikt wird, wenn man sich eben nicht einigt. Wie groß ist denn der Schaden im Hinblick auf das Ziel, mehr Güter auf die Bahn zu bringen und auch mehr Menschen zum Umsteigen zu bewegen, wenn wir jetzt den Streik der vergangenen Tage betrachten?

Flege: Es war der vierte Streik, und ich glaube, das ist genau der Punkt: Die Leute haben kein richtiges Vertrauen mehr in das Verkehrssystem Schiene. Wir haben eine historisch niedrige Pünktlichkeitsquote im Personenverkehr. Im Schienengüterverkehr sind die Güterzüge auch unzuverlässig unterwegs, wegen der Engpässe auf dem Schienennetz. Das System Schiene ächzt aus allen Fugen, weil es jahrzehntelang Unterinvestitionen gab vonseiten des Staates, weil das Netz in einem schlechten Zustand ist, und weil sowohl die Wirtschaft als auch die Menschen jetzt alle auf die Schiene drängen. Das heißt, die Probleme sind ohnehin da und Zweifel an der Zuverlässigkeit oder Unzufriedenheit mit der Zuverlässigkeit. Und wenn dann permanent Streiks angedroht werden oder auch tatsächlich stattfinden, dann ist dieser Vertrauensverlust, glaube ich, das Schlimmste - dass die Wirtschaft sich dann überlegt, verlagere ich tatsächlich meine Transporte vom Lkw auf die Güterbahn. Das sind ja keine Tagesentscheidungen. Das sind langfristige strategische Entscheidungen. Und das Gleiche gilt im Personenverkehr. Die Menschen überlegen sich das viermal, fünfmal und noch viel öfter, ob sie ihren Zweitwagen verkaufen oder ihr Auto ganz abschaffen und dann mit dem 49 Euro Ticket pendeln wollen. Das sind ja große, teilweise Lebensentscheidungen. Dafür braucht man Vertrauen in die Verlässlichkeit des Systems. Und da schaden permanente Streiks. Ich glaube, das ist die größte Gefahr: Wenn wir jetzt so weitermachen wie in den vergangenen Monaten.

SWR Aktuell: Das heißt, müsste man da vielleicht auch politisch ran, dass man solche Streiks Jahr entweder unterbindet oder andere Lösung findet, damit eben doch zumindest ein „Grundverkehr“ bei der Bahn noch stattfinden kann und die Leute zumindest hin und her kommen und auch das Wichtigste an Gütern bewegt wird?

Flege: Ja, das halte ich für eine Option bei dieser zum 1. Januar 2024, neu eingerichteten „InfraGO“. So heißt die Gesellschaft, die die Bahnhöfe und das Schienennetz zusammengeführt hat unter dem Dach der Deutschen Bahn AG. Dieses „GO“ steht für „Gemeinwohlorientierung“. In dem Zusammenhang könnte die Politik sich in der Tat Gedanken machen, ob man einen verlässlichen Infrastrukturbetrieb unter dem Gemeinwohlaspekt nicht garantieren sollte, ein Grundangebot. Das ist eine Debatte, die hoffentlich in den nächsten Monaten an Fahrt gewinnt. Das wäre angemessen. Vergleichbares gibt es auch in Frankreich oder Italien, dass der Staat sich Gedanken über ein Grundangebot macht. Das würde dann aber in erster Linie die Fahrdienstleiter, die Leute in der Infrastruktur betreffen - und nicht die Lokführer.

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Arne Wiechern