Alles auf Elektro - das war lange Zeit die Botschaft von Mercedes-Chef Ola Källenius. Aber die Stromer des Luxusherstellers verkaufen sich nicht gut genug. Jetzt zwingen die schlechten Verkaufszahlen den Hersteller offenbar zu harten Einschnitten. Nach Informationen des "Handelsblatt" will der Hersteller die Entwicklung eines seiner wichtigsten Zukunftsprojekte stoppen.
Auf der neuen Plattform sollten ab 2028 die größten Mercedes-Elektro-Limousinen gebaut werden. Bei dieser sogenannten Elektroplattform handelt es sich um eine spezielle Produktionstechnologie, mit der Luxus-Stromer wie die elektrische S-Klasse künftig in Serie produziert werden sollen. Für diese Plattform wollte Mercedes nach Angaben des "Handelsblatt" einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag investieren.
Daraus wird nun voraussichtlich nichts. Laut "Handelsblatt" hat der Konzern die Entwicklungsarbeit zumindest teilweise gestoppt. Für E-Autos wie die elektrische S-Klasse soll stattdessen auf Produktionstechnik zurückgegriffen werden, die bereits genutzt wird. Mercedes hat den Bericht nicht direkt bestätigt, räumte aber ein, dass "intensiv darüber nachgedacht" werde, auf die Weiterentwicklung der neuen Elektroplattform zu verzichten.
Elektrische Luxusautos kaum gefragt
Offenbar lohnen sich solch hohe Investitionen in E-Mobilität nicht - und zwar, weil die Nachfrage nach Elektroautos der Schwaben viel geringer ist, als Mercedes das erwartet hat. In den ersten drei Monaten dieses Jahres verkaufte der Hersteller insgesamt etwa 500.000 Fahrzeuge, gerade mal 50.000 davon waren vollelektrisch.
Die nun frei werdenden Milliarden sollen laut Zeitungsbericht nun doch in technische und optische Updates von Verbrennern fließen. Dort sei die Nachfrage unerwartet hoch. Final entschieden sei dieses Manöver aber noch nicht, so das "Handelsblatt".
Gegenüber dem SWR betonte der Autobauer, dass er in jedem Fall weiter in E-Mobilität investieren will. Aktuell stehe nur die Produktionstechnik für den Rohbau der E-Autos auf dem Prüfstand. Die Weiterentwicklung von Batterien, Motoren oder Software werde nach wie vor vorangetrieben.
Die Zukunft ist nicht mehr nur elektrisch
Eigentlich hatte Mercedes im Jahr 2021 die Strategie "Electric-Only" ausgegeben. Mercedes-Chef Källenius hatte immer wieder betont: 2030 wolle man nur noch E-Autos anbieten. Schon 2025 sollte die Hälfte des Absatzes von Mercedes aus reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden bestehen. Davon ist der Hersteller momentan aber weit entfernt, Källenius hat sich verkalkuliert.
Anfang des Jahres hat der Mercedes-Chef die "Electric only"-Strategie einkassiert. Auf der Hauptversammlung vergangene Woche erklärte er erneut, dass die Transformation länger dauern könne als gedacht. Vorerst will Mercedes auch am Verbrenner festhalten, bis Mitte der 2030-er Jahre sollen beide Antriebe angeboten werden.
Damit schlägt Mercedes einen Weg ein, den andere Hersteller schon gefahren sind: BMW zum Beispiel hat nicht ausschließlich auf E-Autos gesetzt, sondern versprochen, die Autos zu bauen, die die Leute haben wollen. Deshalb hielt BMW an Diesel, Benziner und Elektro-Autos parallel fest. Trotzdem ist BMW bei den E-Autos viel erfolgreicher als Mercedes: BMW hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres rund 35.000 vollelektrische Neuwagen mehr verkauft als Mercedes.
E-Autos sollen aussehen wie Verbrenner
Um zur Konkurrenz aufzuschließen, will Mercedes jetzt unter anderem an der Optik der E-Autos arbeiten. Die aktuelle elektrische S-Klasse, der EQS, sieht ganz anders aus als das, was Kundinnen und Kunden der S-Klasse gewöhnt sind - und das kam bei vielen nicht gut an. Die neue elektrische S-Klasse soll sich von der Verbrenner-S-Klasse nicht mehr so stark unterscheiden, sie soll aussehen wie der Klassiker, nur mit einer Batterie im Inneren. Dann - so hofft Mercedes - werden sich auch mehr Kundinnen und Kunden für eine Elektrolimousine entscheiden.