Was ist los bei der Credit Suisse, warum wird sie geschluckt?
Die Schweizer Bank steckt schon seit Jahren in der Krise, und das vergangene Jahr war für sie das Katastrophenjahr schlechthin. Die Credit Suisse musste einen Jahresverlust von umgerechnet 7,4 Milliarden Euro hinnehmen. Zu dieser generell schwierigen finanziellen Situation kommt im Moment die allgemeine Unsicherheit im Bankensektor hinzu, nachdem mehrere kleinere Banken in den USA kollabiert sind. Viele Aktien der Credit Suisse wurden deshalb jetzt verkauft, der Kurs sank auf ein Rekordtief.
Die nächste Hiobsbotschaft kam hinzu: Der saudische Großaktionär erklärte, dass er der Schweizer Bank finanziell nicht weiter unter die Arme greifen darf – aus aufsichtsrechtlichen Gründen. Zunächst bekam die Credit Suisse vergangene Woche Unterstützung von der Schweizer Notenbank (SNB), Kredite in Höhe von umgerechnet über 50 Milliarden Euro wurden angekündigt.
Am Sonntagabend wurde schließlich bekannt: Um die Credit Suisse zu retten, wird sie von ihrer Rivalin, der UBS, gekauft. Die UBS übernimmt die Credit Suisse für drei Milliarden Schweizer Franken – das entspricht gut drei Milliarden Euro. Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu fünf Milliarden Schweizer Franken gerade. Hinzu kommen eine staatliche Verlustgarantie von neun Milliarden Franken sowie Liquiditätszusagen im Umfang von bis zu 200 Milliarden Franken.
Bankaktien brechen am Montagmorgen ein
Mehrere Notenbanken hatten außerdem angekündigt, Maßnahmen zur Liquiditätsversorgung des Finanzsystems einzuleiten. Doch all das konnte gegen die Ängste vor einer Bankenkrise nur wenig ausrichten. Die Märkte reagierten am Montagmorgen teils heftig.
Europaweit gab es erneut hohe Kursverluste bei Banken und Versicherern. Die Anleger sorgen sich vor allem um deren Engagement in bestimmten milliardenschweren Anleihen der Credit Suisse, den sogenannten AT1-Bonds, bei denen ein Totalausfall absehbar ist.
Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte zwar, seine Bank, das größte deutsche Geldinstitut, sei in diesen AT1-Bonds “nahezu null” engagiert, das konnte aber einen Kursrutsch nicht vermeiden. Ähnlich erging es der Commerzbank. Sie allerdings beteuerte, man halte überhaupt keine AT1-Schuldtitel der Credit Suisse.
Auf der Suche nach Alternativen wandten sich die Anleger Gold, Staatsanleihen und dem Bitcoin zu. Deren Preise stiegen am Montagmorgen teils deutlich.
Die neue Schweizer Großbank: Größer als "too big to fail"?
Einige Experten kritisieren bereits die Größe der durch die Rettungsaktion entstehenden Schweizer Bank. Mit der Fusion zu einem neuen Branchenriesen soll laut UBS ein Finanzinstitut mit einem verwalteten Vermögen von mehr als fünf Billionen US-Dollar entstehen.
Der Ökonom Thorsten Hens, Vizedirektor des Instituts für Banking und Finance an der Uni Zürich, sagte, man müsse aufpassen, denn "wenn man so ein großes Unternehmen hat, wer will am Ende noch die UBS retten". Da könne es dann nur noch eine Verstaatlichung geben, weil es keine andere Bank gebe, die einen so großen Koloss am Ende noch aufnehmen könnte.
Was bedeutet das für Banken in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz? Müssen wir uns Sorgen um unser Geld machen?
Deutsche Politiker versuchen jetzt erneut, für Ruhe zu sorgen. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, sagte am Montagmorgen dem Deutschlandfunk, die Credit Suisse sei ein Sonderfall, in Probleme gekommen durch ein schlechtes Management und den Abzug von Kundengeldern. Insgesamt sei die europäische Bankenbranche stabil. Im Markt sehe er im Moment kein weiteres Ansteckungspotenzial. Er plädierte allerdings dafür, zu prüfen, ob in Zukunft bei Banken noch größere Kapitalpuffer nötig seien.
Auch die deutsche Finanzaufsicht, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), hält das deutsche Finanzsystem nach der Rettungsaktion für die Schweizer Großbank Credit Suisse weiter für widerstandsfähig. Die Bafin habe die aktuellen Marktentwicklungen im Blick und berücksichtige sie im Rahmen ihrer laufenden Aufsicht, so ein Sprecher.
Diese Einschätzung teilt auch Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Stuttgart-Hohenheim. Der Banken-Experte sagte im SWR-Interview, dass es dem Bankenwesen in Deutschland recht gut gehe und er nicht mit weiteren Pleiten von Banken rechne. Deshalb müssten sich Sparer aktuell auch keine Sorgen um ihr Geld bei der Bank machen. Es gibt etwa das europäische Einlagensicherungsgesetz - dadurch sind die Guthaben der Sparer auf Bankkonten von bis zu 100.000 Euro je Einleger geschützt.
Was der Wirtschaft wegen der Bankenkrise drohen kann
Das große Problem ist die Verunsicherung, der Verlust an Vertrauen in die Märkte, dass die Erinnerungen wach werden an die Finanzkrise 2008. Wenn die Unsicherheit größer werden sollte und die Märkte sich nicht beruhigen, kann es möglicherweise zu einem Dominoeffekt kommen. Dann geht es nicht nur den Banken schlecht, sondern auch der Wirtschaft.
So werden sich die Turbulenzen im Bankensektor nach den Worten des ehemaligen Goldman-Sachs-Chefs Lloyd Blankfein wahrscheinlich auf das Wirtschaftswachstum niederschlagen. "Das größere Risikoumfeld für Finanzinstitute führt zu einem sparsamen Umgang mit dem Kapital und der Risikobereitschaft, zu weniger und konservativeren Investitionen und Krediten und zwangsläufig zu einem geringeren Wachstum", sagte Blankfein der Presse. "Während einige Banken durch schlecht gemanagte, konzentrierte Risiken in Schwierigkeiten geraten sind, ist das Bankensystem insgesamt extrem gut kapitalisiert und wesentlich strenger reguliert als in früheren schwierigen Zeiten."
Ähnliches war auch bei der letzten großen Finanzkrise zu beobachten: Damals mussten die Banken zum Beispiel ihre Kreditvergabe reduzieren. Also konnten die Unternehmen weniger Kredite aufnehmen und dadurch weniger investieren. Die Wirtschaft ist deshalb weniger schnell gewachsen, der Konsum ging zurück. Bei einer solchen Entwicklung kann es möglicherweise zu einer größeren Krise in der Wirtschaft kommen.