Nach Einschätzung des Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat sich die Unterrichtsversorgung in Baden-Württemberg im Vergleich zum vergangenen Jahr verbessert, sie bleibt aber lückenhaft. Das geht aus einer Umfrage des Verbands an mehr als 1.000 Schulen hervor. Demnach musste an fast der Hälfte der befragten Schulen in der dritten Schulwoche bereits Unterricht ausfallen. An vier von zehn Schulen hätten Klassen zusammengelegt werden müssen, an jeder zweiten Schule müssten die Lehrkräfte Überstunden leisten, sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand.
Als Grund für die Lücken im Stundenplan nannte Brand unter anderem Krankheitsausfälle, Schwangerschaften, Fortbildungen und eine mangelnde Personalreserve, um solche Fälle abzufedern. "Die Angaben führen uns vor Augen, wie dünn die Personaldecke nach wie vor ist. Um Ausfälle und Fehlzeiten kompensieren zu können, müssten eigentlich alle Schulen mit einer Personalreserve von 10 bis 20 Prozent ins Schuljahr gehen", sagte Brand.
VBE: Regelbetrieb an vielen Sonderpädagogischen Schulen nicht möglich
An den Grundschulen und den weiterführenden Schulen habe sich die Lage verbessert, teilte der VBE mit. Trotzdem gebe es nach wie vor an sechs von zehn abgefragten Grundschule zu wenige Lehrkräfte.
Auch die Lage an den befragten Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) sei nach wie vor schlecht. Mehr als die Hälfte dieser Schulen kann laut VBE den Regelbetrieb nicht abdecken. Denn dort gebe es fast überall zu wenige Lehrkräfte. An fast der Hälfte der befragten Schulen fehlten 20 bis 30 Prozent der Lehrkräfte. Im vergangenen Jahr traf dies laut VBE noch auf rund 37 Prozent der befragten Schulen zu.
Der VBE-Vorsitzende rief die Landesregierung auf, die Voraussetzungen zu schaffen, dass deutlich mehr qualifiziertes Personal für die Sonderpädagogik ausgebildet werden kann. "Gerade diese Kinder benötigen dringend einen hohen Personalschlüssel. Stattdessen kommen sie in ein System, das an allen Ecken knirscht und knarrt", so Brand.
Oppositionsparteien fordern mehr Unterstützung für Sonderpädagogische Schulen
Auch die SPD im Landtag forderte vom Land mehr Unterstützung für die Sonderpädagogischen Schulen. Deren bildungspolitische Fraktionsprecher Stefan Fulst-Blei warf der grün-schwarzen Landesregierung vor, die Sonderpädagoschen Schulen nicht ausreichend zu unterstützen und auch die Inklusion nicht zu stärken. Denn in den groß beworbenen Bildungsreformen spielten beide Themen überhaupt keine Rolle. Der FDP-Bildungsexperte Timm Kern nannte die Situation an den SBBZ "katastrophal". Leidtragende seien die Kinder und deren Eltern. Aus Sicht der AfD braucht es eine größere Krankheitsreserve. Sie fordert, die Mittel im Haushalt dafür zu erhöhen.
Noch 250 Stellen offen Kultusministerin: Weniger unbesetzte Lehrerstellen zum Schulstart in BW
Kurz vor Beginn des Schuljahres sind an den Schulen weniger Lehrerstellen offen als im Vorjahr. Gründe sind laut der Kultusministerin mehr Quereinsteiger und weniger Teilzeit.
Kultusministerium befragt Schulen zur Personalsituation im November
Das Kultusministerium hatte die Schulen kurz vor Schuljahresbeginn gut gerüstet gesehen. Alle offenen Lehrkräftestellen konnten in diesem Schuljahr im Wesentlichen besetzt werden, so das Ministerium Anfang September. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte damals mitgeteilt, dass noch 250 Lehrerstellen unbesetzt waren. Im Jahr zuvor waren es noch 565 offene Stellen. Konkretere Zahlen gibt es noch nicht. Die eigene Abfrage zur Unterrichtsversorgung habe das Ministerium auf den November verschoben, um die Schulleitungen am Anfang des Schuljahres zu entlasten, erklärte ein Sprecher dem SWR. Offizielle Zahlen würden deshalb erst nach den Herbstferien vorlegt werden können.
GEW warnt erneut vor Lehrermangel
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befürchtet eine Verschärfung des Lehrermangels in Deutschland. Grund sei die schrittweise Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Bis 2030 würden bis zu 110.000 Lehrkräfte fehlen, hieß es.