Mutter und zwei Söhne tot

Experte: Verkehrsunfall wie in Esslingen passiert nur sehr selten

Stand
Autor/in
Simone Steffan

Noch ist unklar, warum ein Auto drei Fußgänger erfasst hat. Ein Unfallexperte ordnet ein, ob im Straßenverkehr SUVs wie der Unfallwagen gefährlicher sind als andere Fahrzeuge.

Nach dem Unfall in Esslingen bei Stuttgart, bei dem eine Fußgängerin und ihre zwei kleinen Kinder starben, laufen die Untersuchungen. Gegen den Fahrer des Unfallwagens wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Der 54-Jährige schweigt laut Polizei bislang. Die 39 Jahre alte Frau und ihre zwei Söhne, drei und sechs Jahre alt, waren am Dienstagnachmittag von dem Auto auf einem Gehweg erfasst worden. Sie starben noch an der Unfallstelle. Alle drei Opfer stammen laut Polizei aus Esslingen.

Der Unfallforscher Siegfried Brockmann ordnet den tragischen Unfall in Esslingen ein:

"Technische Mängel eher unwahrscheinlich als Unfallursache"

Solche schweren Unfälle mit drei toten Fußgängern wie in Esslingen gibt es in Deutschland nicht sehr oft. Für den Verkehrs- und Unfallforscher Siegfried Brockmann kommt so ein Zusammenstoß "vergleichsweise selten" vor. Er verweist im Gespräch mit dem SWR auf einen ähnlichen Fall vor einigen Jahren in Berlin, auch dort hatte ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit mehrere Fußgänger erfasst. Vier Menschen kamen ums Leben, der Fahrer blieb fast unverletzt. Er hatte - wie sich später herausstellte - am Steuer einen epileptischen Anfall erlitten.

Eine medizinische Ursache könne es immer geben, sagte der Unfallexperte. Weitere Gründe sind seiner Erfahrung nach das Abgelenktsein durch Smartphones oder eine deutlich erhöhte Geschwindigkeit. Technische Mängel an Unfallfahrzeugen kämen hingegen in der Statistik in solchen Fällen nur sehr selten vor. Sie seien nicht völlig ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, so der Experte der Björn Steiger Stiftung.

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Gefährlichkeit von SUVs: "Große Unterschiede, allein bei der Marke"

Der Unfallwagen in Esslingen war wie der in Berlin ein SUV. Brockmann warnt hier allerdings vor voreiligen Schlüssen. Ein 65-Jähriger, der gelassen und vorsichtig mit einem SUV fahre, sei im Zweifel deutlich ungefährlicher als ein 19-Jähriger, der in einem Polo mit 80 km/h durch die Stadt rase. Wenn man in beiden Fahrzeugen den gleichen Menschen hätte, dann sei der SUV wegen seiner größeren Masse tendenziell zwar gefährlicher. Es komme allerdings darauf an, wo man aufpralle, insbesondere mit dem Kopf, weil es dort in der Regel die tödlichen Verletzungen gebe, so der Experte. Dann biete ein großer SUV die Chance, dass man den Scheibenrahmen und damit den härtesten Teil des Fahrzeugs, gar nicht erreiche.

Man muss sich hüten, generell zu behaupten, SUVs seien gefährlicher als andere Fahrzeuge.

Seiner Ansicht nach ist der Begriff SUV außerdem ein "weites Feld". Allein zwischen Staaten wie den USA und Deutschland, aber auch innerhalb einer Marke gebe es riesengroße Unterschiede.

Die Statistiken zeigen: Die Zahl der SUVs nimmt auf deutschen Straßen immer mehr zu. Im vergangenen Jahr erreichte ihr Bestand knapp sechs Millionen. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Plus von über elf Prozent. Damit hatten die SUVs erstmals einen höheren Anteil als die Mittelklassewagen. 

Offizielle Zahlen dazu, wie oft die Autos bei Unfällen mit Fußgängern involviert sind, gibt es allerdings nicht. Das Statistische Landesamt in Baden-Württemberg führt nur allgemeine Zahlen. Demnach kamen im vergangenen Jahr insgesamt 51 Fußgänger im Straßenverkehr ums Leben. Im Jahr 2002 waren es noch 90 Tote.

Moderne E-Autos sind ähnlich schwer wie ein SUV

Ein entscheidender Faktor bei der Frage, wie schwer ein Fußgänger bei einem Autounfall verletzt wird und ob er dabei ums Leben kommt, ist laut Brockmann die Aufprallstelle am Fahrzeug. Die härtesten Punkte an der Front eines Wagens seien die Scheibenkanten, nicht etwa die Scheibe an sich oder die Haube. "Die Wahrscheinlichkeit für einen Erwachsenen, beim Aufprall die obere Scheibenkante zu treffen, ist bei einem Smart im Vergleich zu einem SUV sehr hoch." Auf eine einfache Formel lasse sich das im Zweifel aber nicht bringen. Bei Kindern sei es etwas anders: "Kinder sind womöglich wegen ihrer Größe etwas schwerer zu erkennen und könnten von einem SUV am Kopf getroffen werden."

Auch dass vor allem SUVs besonders schwer sind, weist der Experte zurück. Inzwischen kämen auch moderne Elektroautos dank ihrer Batterien auf ein Gewicht von zwei Tonnen.

Gutachten zum Unfallhergang in Esslingen kann noch Wochen dauern

Entscheidend für den Unfallhergang in Esslingen wird jetzt ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart sein. Bis das fertig sei, könne es allerdings einige Wochen dauern, sagte eine Sprecherin der Polizei Reutlingen dem SWR.

Brockmann hält es für möglich, dass auch ohne die Aussage des Verursachers "relativ gut" rekonstruiert werden kann, wie es zu dem Unfall kam. Zur Spurensicherung am Unfallort kämen Aussagen von anderen Autofahrern und Fußgängern, die das Geschehen als Zeugen beobachtet hätten. Ein Unfallgutachter könne außerdem sehen, wie tief der Einschlag in einen Bauzaun am Unfallort sei. Hier könne man möglicherweise zurückrechnen, wie groß die Geschwindigkeit des Unfallwagens war.

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