Keine grünen Plaketten mehr

In Baden-Württemberg sollen Umweltzonen wegfallen - weil die Luft besser geworden ist

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Die EU will die Grenzwerte für die Belastung der Luft mit Feinstaub und Stickstoffdioxid senken. Währenddessen sollen im neuen Jahr gleich in mehreren Orten Vorgaben für Fahrzeuge gelockert werden.

Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss im neuen Jahr voraussichtlich mancherorts weniger auf die Abgaswerte seines Wagens achten. In mehreren Kommunen in Baden-Württemberg sollen im Laufe des Jahres die Umweltzonen und die damit verbundene Pflicht zur grünen Plakette abgeschafft werden. Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ist die Anweisung aus dem baden-württembergischen Verkehrsministerium das völlig falsche Signal. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe: "Wir werden natürlich alle rechtlichen Mittel prüfen und angehen, um zu verhindern, dass Baden-Württemberg jetzt die Luft verschlechtert."

Über die geplante Abschaffung der Umweltzonen hat SWR Aktuell bereits im September berichtet:

Aufhebung der Umweltzone in Karlsruhe, Heidelberg und Pfinztal geplant

Umweltzonen sind Gebiete, in denen nur Fahrzeuge fahren dürfen, die bestimmte Abgasstandards einhalten. Dafür gibt es Plaketten je nach den erforderlichen Werten in den Farben rot, gelb und und grün, die an Windschutzscheiben angebracht werden. In Deutschland gibt es laut Umweltbundesamt 56 Umweltzonen. In 55 davon seien nur Fahrzeuge mit grüner Plakette zulässig, in Neu-Ulm auch solche mit gelber Plakette.

Konkret bereitet das Regierungspräsidium Karlsruhe die Aufhebung der Umweltzonen in Heidelberg, Karlsruhe und im benachbarten Pfinztal vor. "Aufgrund der dauerhaft niedrigen Messwerte für insbesondere Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) in diesen beiden Städten und dieser Gemeinde sowie angesichts der Prognose, dass alle geltenden Grenzwerte für Luftschadstoffe auch weiterhin sicher eingehalten werden, sind die dortigen Fahrverbote durch die grünen Umweltzonen nicht mehr erforderlich", erklärte eine Sprecherin.

Aufgehoben werden solle auch das Lkw-Durchfahrtsverbot in der Reinhold-Frank-Straße in Karlsruhe. Es wird den Angaben zufolge für die Luftreinhaltung ebenfalls nicht mehr benötigt.

Auch in Wendlingen am Neckar im Kreis Esslingen und in Urbach im Rems-Murr-Kreis gibt es bald keine Umweltzone mehr.

Die Anhörung der betroffenen Kommunen soll im Januar abgeschlossen werden. Derzeit hätten noch Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit zur Stellungnahme. "Mit den eingegangenen Stellungnahmen werden wir uns auseinandersetzen und uns im endgültigen Plan dazu äußern", erläuterte die Sprecherin des Regierungspräsidiums. Dieser werde dann noch einmal ausgelegt, voraussichtlich im Februar 2023. Im Anschluss sollen die fortgeschriebenen Luftreinhaltepläne in Kraft treten.

Auch in anderen Regionen soll Plakette und Zone wegfallen

Das Regierungspräsidium Stuttgart bereitet die Aufhebung der Umweltzonen in Wendlingen am Neckar (Landkreis Esslingen), Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis), Ilsfeld (Landkreis Heilbronn) und Urbach (Rems-Murr-Kreis) vor. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist den Angaben zufolge für das erste Quartal 2023 geplant. Die genannten Umweltzonen sollen dann voraussichtlich zum 1. Mai 2023 aufgehoben werden.

Im Regierungsbezirk Freiburg soll nur die Umweltzone in Schramberg (Landkreis Rottweil) aufgehoben werden. Die Beteiligungsverfahren seien hier schon durch, sodass der geänderte Luftreinhalteplan im ersten Quartal 2023 bekannt gegeben und die Umweltzone zum zweiten Quartal 2023 aufgehoben werde. Das Regierungspräsidium Tübingen wiederum bereitet im Moment keine Aufhebungen von Umweltzonen vor.

Abschaffung der Zonen, während die EU Grenzwerte verschärfen will

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, kritisierte das Vorgehen: "Das hat mich ziemlich verärgert, als ich das ausgerechnet aus Baden-Württemberg gehört habe", sagte er mit Blick auf die seit Jahren grün-geführte Landesregierung und Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). "Die machen Maßnahmen gegen die Luftqualität." Dabei plane die EU zu Recht, die Grenzwerte zu verschärfen. Um diese einhalten zu können, müsse man jetzt strengere Maßnahmen ergreifen.

Zum Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gelten europaweit seit einigen Jahren Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) ab 2030 nun nur noch bei 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen statt wie bisher bei 40. Die Belastung durch Feinstaub mit einer Partikelgröße von bis zu 2,5 Mikrometer soll demnach von 25 auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter reduziert werden.

Ein Hinweisschild, das auf eine Umweltzone hin weist.
Vor der Ortseinfahrt zu Pfinztal-Berghausen (Kreis Karlsruhe) ist ein Schild aufgestellt, das auf eine Umweltzone hin weist. Eine Weiterfahrt ist nur mit grüner Plakette erlaubt. Das könnte bald vorbei sein.

Der Straßenverkehr ist nach Angaben der Kommission die größte Quelle für Luftverschmutzung in Städten. Trotz besserer Luftqualität sind im Jahr 2020 nach Schätzungen der EU-Umweltagentur EEA rund 240.000 Menschen in der EU durch die Belastung in ihrer Umgebung mit Feinstaub vorzeitig gestorben, etwa 28.900 davon in Deutschland. 49.000 weitere Todesfälle (Deutschland: 10.000) seien auf chronische Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) sowie 24.000 (Deutschland: 4.600) auf die Belastung mit bodennahem Ozon (O3) zurückzuführen.

Verkehrsministerium verteidigt Pläne

Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums rechtfertigte das Vorgehen dennoch: "Grüne Umweltzonen haben ihre Wirkung erzielt." Durch sie sei die Fahrzeugflotte in Baden-Württemberg schneller erneuert worden. Es würden nur noch Gelegenheitsbesucher aus dem Umland mit alten Fahrzeugen durch grüne Umweltzonen aus den Städten herausgehalten.

Zugleich sei die Entwicklung der Luftqualität sehr erfreulich. "In Städten, in denen die Grenzwerte deutlich unterschritten werden, sind die grünen Umweltzonen zur Einhaltung der Grenzwerte nicht mehr notwendig." Zur Einhaltung neuer Werte könnten sie nicht beitragen. Damit würden Fahrzeuge ausgeschlossen, die vor 2006 erstzugelassen wurden - und 2030 also keine große Relevanz mehr haben dürften.

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SWR

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