Rekordzahlen bei Zeiss: Der Oberkochener Optik- und Elektronikkonzern hat im vergangenen Geschäftsjahr erstmals einen Umsatz von über zehn Milliarden Euro erzielt, 15 Prozent mehr als im Jahr davor. Zum Wachstum tragen laut dem Unternehmen aus Oberkochen (Ostalbkreis) alle vier Konzernsparten bei.
- Deutliches Wachstum bei den Maschinen zur Fertigung von Halbleitern
- Auch industrielle Messtechnik legt spürbar zu
- Wachstum im Bereich Medizintechnik geringer als erwartet
- Sorgen bei Brillengläsern und Filmobjektiven
- Mehr Beschäftigte und Investitionen in Standorte
Halbleitersparte: Nach wie vor das Zugpferd von Zeiss
Die Halbleitersparte trägt allein über dreieinhalb Milliarden Euro zum Rekordumsatz bei. Das entspricht einem Plus gegenüber dem Geschäftsjahr davor von 29 Prozent. Und das trotz eines schwankenden Markts, ergänzte der Zeiss-Vorstandsvorsitzende Karl Lamprecht auf der Bilanzpressekonferenz am Dienstagvormittag am Stammsitz Oberkochen. Zeiss stellt Maschinen zur Fertigung von Halbleitern her.
Weltweit werden Lamprecht zufolge rund 80 Prozent aller Mikrochips mit Zeiss-Technik belichtet und vermessen. Wobei die allerneueste Generation, High-NA-EUV, bereits mit den Hufen scharrt und erste Geräte an den Kunden und strategischen Partner ASML ausgeliefert wurde. Sie soll noch leistungsfähigere Chips als die bisherige Technik produzieren - und das zu geringeren Kosten.
Messtechnik: Umstieg auf E-Mobilität gelungen
Die Zeiss-Sparte industrielle Messtechnik hat im vergangenen Geschäftsjahr mit elf Prozent ebenfalls deutlich zugelegt. Im Bereich Autoindustrie hat Zeiss eigenen Angaben zufolge den Wandel vom Verbrenner- zum Elektroantrieb gut bewältigt. Insbesondere bei chinesischen Kunden sei Zeiss-Batteriemesstechnik für die Qualitätskontrolle sehr gefragt.
Im Bereich Mikroskopie kann Zeiss vor allem bei der Pharmaindustrie punkten: Konzernchef Lamprecht stellte auf der Pressekonferenz ein Mikroskop vor. Damit lassen sich Zellen über Tage hinweg beobachten, ein Fortschritt bei der Entwicklung von Krebsmedikamenten.
Medizintechnik: Wachstum ja - aber weniger
Zweistellig auch das Umsatzwachstum in der Medizintechnik. Trotzdem ist die Zeiss-Konzernleitung mit diesem Bereich nicht so hundertprozentig zufrieden. Er ist nämlich weniger gewachsen als im Jahr zuvor. Hier zeige sich, dass viele potenzielle Kundinnen und Kunden weniger Geld zur Verfügung haben, begründet der Vorstandsvorsitzende die Luft, die es hier nach oben noch gibt. Beim so genannten refraktiven Linsenaustausch zur Augenkorrektur gebe es eine gewisse Zurückhaltung.
Mit der Übernahme des niederländischen Spezialisten DORC für eine knappe Milliarde Euro erweitert Zeiss sein Portfolio: DORC stellt Geräte für Netzhautchirurgie her, beispielsweise für die Behandlung von Grauem und Grünem Star. Erkrankungen, die angesichts einer zunehmend älteren Bevölkerung immer häufiger vorkommen. Eine Investition, die sich lohnen dürfte.
Verbrauchertechnik: Das Sorgenkind von Zeiss
Kaufzurückhaltung spürt der Oberkochener Konzern auch bei Brillengläsern. Von einem "eingetrübtem Konsumklima" spricht Zeiss hier doppeldeutig - trotz eines Wachstums von vier Prozent. Hochwertige Brillengläser verkaufen sich in Zeiten von Inflation nicht so gut. Bei Filmobjektiven hat ein anderer Aspekt die Bilanz getrübt: Der monatelange Streik der Filmschaffenden in Hollywood. Dagegen haben sich Fotoobjektive für Smartphones besser verkauft denn je. Mit Nachtsichtgeräten für Jagd und Naturbeobachtung will Zeiss das Geschäft in der Sparte "Consumer Markets" zusätzlich beleben.
Wachstum auch bei Standorten und Beschäftigten
Wachstum in allen vier Unternehmenssparten - das bedeutet weitere Investitionen. In mehr Beschäftigte etwa: Ihre Zahl ist im abgelaufenen Geschäftsjahr weltweit um elf Prozent gestiegen - auf knapp 43.000. Auch in Ostwürttemberg, am Stammsitz Oberkochen und in Aalen: Über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat Zeiss im Geschäftsjahr 2022/23 neu eingestellt. Probleme mit der Gewinnung von Fachkräften sind beim Optik- und Elektronikriesen unbekannt. Zeiss ist offenbar ein Name mit Strahlkraft.
Auch in den Ausbau der Werke in Ostwürttemberg investiert Zeiss: Wer auf der B19 an Oberkochen vorbeifährt, dem fällt die Kran-Landschaft sofort auf. Und ein paar Kilometer weiter bei Aalen-Ebnat baut Zeiss für die Sparte Messtechnik ein komplett neues Werk - auf über 25 Hektar Fläche.