Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann hinterlässt er eine Lücke. Ein Erinnerungsstück aus Holz kann diese Lücke sicherlich nicht schließen, aber Trost spenden. Martin Mayer aus Öpfingen im Alb-Donau-Kreis fertigt Urnen aus Holz und aus dem Kern des Holzblocks ein Kunstwerk als Erinnerung für die Hinterbliebenen.
Feilen und Schleifmaschinen hängen an den Wänden, davor steht eine Kreissäge. In der kleinen Halle gleich beim Ulmer Friedhof entstehen aus Holzblöcken Urnen und Erinnerungsstücke. Der Holzkünstler und Trauerredner Martin Mayer findet es wichtig, sich schon mitten im Leben mit der letzten großen Reise, wie er es nennt, auseinanderzusetzen.
"Ich möchte Menschen nicht nur eine schöne Holzurne anbieten, sondern ihnen zu Lebzeiten eigentlich schon etwas an die Hand geben, was man berühren kann. Und das davon erzählt, dass der Tod nicht das Ende des Lebens ist, sondern Veränderung und Vollendung bedeutet."
Aus einem Holzblock werden Urne und Kunstwerk
Für die Urne leimt der Holzkünstler Martin Mayer mehrere Dielen zusammen, schneidet daraus einen Block und holt dann mit einem Bohrer einen Zylinder aus dem Inneren heraus. Daraus entsteht in Handarbeit ein Kunstwerk, wie ein Herz oder eine abstrakte Figur. Aus dem eckigen Rohling wird auf der Drechselbank eine runde Urne, die Mayer dann individuell gestaltet.
Der 52-Jährige hat Industriemechaniker und Schreiner gelernt, ist Theologe, war drei Jahre Mönch und hat als katholischer Religionslehrer an einer Berufsschule gearbeitet. Vor fünf Jahren erzählte ihm ein Schüler, dass seine Freundin im Sterben liege. Für sie hat Mayer seine erste Urne entworfen.
Holzkünstler und Trauerredner
Inzwischen hat er sich als Trauerredner und Holzkünstler selbstständig gemacht und fertigt an die 100 Urnen im Jahr. Die Anfragen kommen nicht nur aus Ulm und Umgebung, sondern auch aus Köln, Aachen, Frankfurt. Oft suchen Menschen auch eine Urne für sich selbst.
"Es kommen immer mehr Menschen, die sagen, in meinem selbstbestimmten Dasein möchte ich bis zum Ende alles selbst bestimmen", erzählt Mayer. Die Urnen stehen dann bei ihnen im Keller oder im Wohnzimmer im Regal, in der Ecke umgedreht als Vase. "Und wenn sie von Gästen darauf angesprochen werden, ist das Staunen groß - dann werden Dinge zum Thema, die man sonst nie im Gespräch platzieren würde".
Die Urnen werden aus dem Holz von Bäumen gefertigt - Pappel, Erle, Ulme, Elsbeere, Walnuss oder auch Apfel. Das Holz kauft Martin Mayer bei einem Händler. Oder Menschen bringen Bäume aus dem eigenen Garten, aus denen er dann später eine Urne fertigen soll. "Ein Ehepaar hat die Holzstücke vor der Haustür stehen, die trocknen da, und irgendwann mache ich da mal eine Urne draus", erzählt Mayer.
"Das Umgehen mit Sterben, Abschied, Loslassen, Tod und was bleibt, das ist eine große Herausforderung und gesellschaftlich ist der Verdrängungsmechanismus groß", sagt Mayer. Er könne das sehr gut verstehen, weil es auch wenig Räume in der Gesellschaft gebe, um mit diesem Thema in Berührung zu kommen. "Vor allem so, dass es Hoffnung gibt, dass es einlädt, dass es ein Raum ist, der mich nicht verloren sein, sondern der mich geheimnisvolle Hoffnung spüren lässt."