Der Ulmer Choreograph Domenico Strazzeri hat fünf weitere Choreographinnen und Choreographen eingeladen, sich mit dem Thema "Schwarz Weiß" auseinanderzusetzen. Die Choreographien thematisieren die Diskussion um Klimawandel, das Auseinanderdriften politischer Strömungen und Endlosdebatten, die selten zum Ziel führen.
Zwei ganz in schwarz gekleidete Paare betreten eng umschlungen - und einander küssend - die Bühne. Es ist ein Wiegen, ein Drehen, ein Liebkosen. Aber die Intimität hält nicht lange an. Die Tänzerinnen und den Tänzer sprengt es auseinander, an die Ränder, das Verbindende ist auf dem Rückzug. Das war das Grundgefühl, das den Choreographen Domenico Strazzeri zum Titel "Schwarz Weiß" geführt hat: "Es war ein Gefühl, dass es nicht mehr funktioniert wie vorher. Die Zahnrädchen greifen nicht mehr ineinander."
Tanzperformance Schwarz Weiß thematisiert die Extreme
Es geht um das Auseinanderdriften, um die Extreme, um den Mangel an Zwischentönen - eben um Schwarz Weiß. Für die Zwischentöne, die Feinheiten ist wenig Platz, sagt die Choreographin Minka Marie Heiß. Sie beschäftigt der sprachliche Extremismus dieser Zeiten - Begriffe etwa wie "Klimaterrorist".
Alles dreht sich im Kreis. Die einen leben im Überfluss, die anderen kämpfen ums Überleben. Minka-Marie Heiß zeigt eine speisende Dame in rot-schimmerndem Abendkleid - direkt daneben ein Mensch, der verhungert. Die Gegensätze zwischen armen und reichen Ländern verschärfen sich durch den Klimawandel, sagt sie. Und was in den Klimakonferenzen verhandelt wird, erscheint ihr wie eine Endlosschleife.
Bolero von Ravel als Soundtrack für Endlosdebatten
Den idealen Soundtrack zu diesen Gedanken hat sie in Maurice Ravels Bolero gefunden. Ein musikalisches Kreisen um die immer gleiche Melodie. Die Musik wird immer lauter, immer gewaltiger - eine Welle, die heranrollt. "Wie die Natur, die sich rächt", meint Heiß. Und die Endlosdebatten gehen weiter.
Tanzperformance "Schwarz Weiß" im Stadthaus Ulm
Das Motiv der Endlosigkeit spiegelt sich auch im Stück "Eight" der Südtiroler Choreographin Marion Sparber wider: Ein Tanz um Balance, um Anziehung und um widerstrebende Kräfte. Mit dem Titel "Eight" will sie an die liegende Acht als Symbol des immer Wiederkehrenden erinnern.
"Schwarz Weiß" - dieser Tanzabend mag aus der überhitzten Grundstimmung dieser Zeit entstanden sein, stellt dem aber Humor und jede Menge schräger Zwischentöne gegenüber. Letztendlich - so heißt es treffend in einem Statement der Tanzcompagnie - fügt sich das Programm "zu einer getanzten Liebeserklärung an die Farben im Leben."