Jule, Benjamin, Azra, Michael und Cedric pilgern zum ersten Mal. Acht Tage sind sie unterwegs. Die Idee dazu hatte ihr Religionslehrer Stefan Schacher am Erich-Kästner-Gymnasium in Eislingen im Kreis Göppingen. Die fünf Jugendlichen besuchen seinen Seminarkurs in der elften Klasse.
Dass sich junge Leute zum Pilgern aufmachen, ist eher ungewöhnlich. Meist wandern Seniorinnen und Senioren oder Menschen mit Midlife-Crisis auf dem Jakobsweg, auf der Suche nach sich selbst oder göttlichem Beistand.
Pilgern: "Am Anfang war es Überwindung"
Die Schüler aus Eislingen wollen es nun selbst ausprobieren. An Ostermontag geht es am Umer Münster los, mit zehn Kilogramm schweren Rucksäcken. Nach 18 Kilometer, oberhalb von Donaurieden, spüren sie erste Schmerzen, aber auch Glücksgefühle.
"Es ist anstrengend", sagt der 17-jährige Benjamin, "aber es macht auch sehr viel Spaß, in der Natur zu laufen und die Aussicht zu genießen." Die Schulter tue weh, berichtet Michael. Aber sonst sei alles super. Und Jule zieht schon eine erste kleine Bilanz: "Am Anfang war es eine Überwindung. Aber mit jedem Kilometer, den wir laufen, wird es besser."
Pilgern ist mehr als nur Wandern
Die Gruppe marschiert nach Oberdischingen, die historische Herrengasse mit ihren barocken Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert entlang und biegt dann zur Kirche ab. Das katholische Gotteshaus gilt als schwäbisches Pantheon. Es war vielleicht nicht allen in der jugendlichen Pilgergruppe klar, dass Kirchenbesuche zum Pilgern dazugehören.
Lehrer Schacher geht voraus und erklärt: "Pilgern ist mehr als nur Wandern. Pilgern ist eine ganzheitliche Erfahrung." Da werde auch der Geist angesprochen. Gebete gehören nach Ansicht des Religionslehrers dazu wie auch eine Offenheit für Begegnungen und die Suche nach sie selbst.
Am Pilgerhaus Cursillo in Oberdischingen wird die Gruppe musikalisch empfangen. Hausleiter David Langer spielt vor der Tür Gitarre, heißt die Pilger singend willkommen. In die inzwischen angestrengten Gesichter der Schülerinnen und Schüler mischt sich ein freudiges Lächeln. "Ich bin erschöpft", sagt Jule, "aber es fühlt sich gut an."
Mit Isomatten auf dem Fußboden schlafen
Die Jugendlichen beziehen einfach eingerichtete Doppelzimmer. Für Jule ist es mehr Luxus als sie erwartet hatte. "In der Jugendherberge, in der wir beim Schullandheim waren, sah es schlimmer aus." Dennoch: Die härteren Nächte liegen noch vor ihnen. Auf dem Weg zum Bodensee werden sie gelegentlich noch in Gemeindehäusern mit Isomatten auf dem Fußboden schlafen.
Michael macht sich Gedanken, was Pilgern nach einem Tag Erfahrung für ihn bedeutet. "Für mich ist das jetzt noch nicht so sehr eine Sache in religiöser Hinsicht. Ich bin nicht so religiös." Es fühle sich an wie ein schöner Wanderausflug, und gleichzeitig sei es mehr als wandern. Die Gemeinschaft gebe ihm viel. Man lerne die anderen, aber auch sich selbst, unterwegs besser kennen.
Am nächsten Morgen stehen 22 Kilometer von Oberdischingen nach Äpfingen (Kreis Biberach) auf dem Programm. Es stürmt und regnet, während Lehrer Stefach Schacher zum Abmarsch ein Gebet mit Pilgersegen spricht.
Für die 17-jährige Azra ist trotz des schlechten Wetters bereits klar, dass sie das Pilgern auch anderen jungen Leuten empfehlen kann. "Viele geben in diesen Zeiten schnell auf. Und das hier ist jetzt eine Chance, etwas durchzuziehen, etwas zu erreichen und eine Herausforderung zu bestehen."
Am kommenden Montag werden sie, so Gott will, oder wenn alles nach Plan läuft, in Konstanz ankommen. Dafür erhalten die fünf Jugendlichen und ihr Lehrer noch einen zusätzlichen Tag schulfrei.