Anwältin Corinna Nagel sitzt zum SWR-Interview in der Mitte des großen Saales im Landgericht Ulm. Übernimmt immer wieder Pflichtverteidigungen: Anwältin Corinna Nagel beim SWR-Interview im großen Saal des Landgerichts Ulm. Hier wurde auch der Fall des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg verhandelt.

Anwältin über schwieriges Mandat

Pflichtverteidigung: Warum vertritt sie den mutmaßlichen Mörder von Illerkirchberg vor Gericht?

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Frank Wiesner
Frank Wiesner

Wer vor Gericht muss und keinen Anwalt hat, dem wird einer bestellt - ein Pflichtverteidiger. Anwältin Corinna Nagel hat so ein Mandat im Fall des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg.

Die tödliche Messerattacke auf ein 14-jähriges Mädchen in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) und der folgende Mordprozess sorgten bundesweit für Schlagzeilen: Das Landgericht Ulm verurteilte den Angeklagten aus Eritrea schließlich zu lebenslanger Haft. Strafverteidigerin Corinna Nagel vertritt den 27-Jährigen. Freiwillig. Sie wurde vom Gericht als Pflichtverteidigerin bestellt.

Pflichtverteidiger machen ihren Job meistens freiwillig. "Sie können auch ablehnen", sagt Corinna Nagel im SWR-Interview. Im Falle des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg hat sie das nicht getan. Sie hat die Anfrage vom Landgericht Ulm angenommen, hat seither das Mandat und hat für den in erster Instanz verurteilten Täter auch Revision gegen das Urteil eingelegt.

Warum hätte ich Nein sagen sollen?

"Ich mache Strafrecht, ich bin Strafverteidigerin. Es gab jemand, der einen Anwalt braucht", erklärt die Anwältin, "ich habe in dem Moment Zeit gehabt. Der Fall an sich bietet Möglichkeiten, dass man Strafrechtswissen anwendet. Und das ist mein Beruf."

Strafverteidigerin Corinna Nagel vor vielen Mikrofonen bei einem Pressestatement im Foyer des Landgerichts Ulm. Großes Medieninteresse an der Pflichtverteidigerin des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg: Anwältin Corinna Nagel sagt: "Man muss damit umgehen können." Großes Medieninteresse an der Pflichtverteidigerin des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg: Anwältin Corinna Nagel sagt: "Man muss damit umgehen können."
Großes Medieninteresse an der Pflichtverteidigerin des mutmaßlichen Mörders von Illerkirchberg: Anwältin Corinna Nagel sagt: "Man muss damit umgehen können."

Corinna Nagel ist selbst Mutter von Kindern im Kindergartenalter, trotzdem beinhaltet ihr Beruf die Aufgabe, auch für Mörder für ein faires Verfahren einzustehen. Kann sie das auch vor sich selbst als Mensch vertreten? Hat sie Gewissensbisse?

Für mich ist Pflichtverteidigung eine Selbstverständlichkeit, die unsere Bundesrepublik auszeichnet.

Schlafen könne sie super, sagt Nagel. Sie sei überzeugt, "dass wir in einem Rechtsstaat leben", erklärt sie. Jeder habe das Recht auf eine faire und angemessene Verteidigung, so die Anwältin weiter. Für sie sei Pflichtverteidigung eine Selbstverständlichkeit, "die unsere Bundesrepublik auszeichnet." Pflichtverteidigung als Merkmal eines Rechtsstaates im Vergleich zu einem Unrechtsstaat - das ist ihre Haltung.

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Anwältin: Pflichtverteidigung eher schlechter bezahlt

Finanziell ist eine Pflichtverteidigung eher schlechter bezahlt als Mandate vom freien Markt. So auch im Mordfall Illerkirchberg. Das Honorar wird nach Gebührenordnung von der Landeskasse, also aus Steuergeldern, vorgestreckt. Wird der Beschuldigte verurteilt, muss er für die Kosten aufkommen. Selbst wenn es zu einer Gefängnisstrafe kommt und er im Gefängnis arbeitet, muss er von seinem Lohn einen Teil zurückzahlen.

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Das Geld ist also kein großer Anreiz, eine Pflichtverteidigung zu übernehmen. Die Prozesse, bei denen Pflichtverteidiger benötigt werden, sind immer wieder spektakulär. Sie werden oft von einer Vielzahl von Medien begleitet. So wird immer wieder spekuliert, dass Anwältinnen und Anwälte diese Mandate nur übernehmen, weil dann Fernsehkameras auf sie gerichtet werden - um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Doch hier winkt Corinna Nagel ab: Für sie sei das kein Grund, ein Mandat abzulehnen oder anzunehmen. Allerdings sollte man schon wissen, ob man damit umgehen kann, sagt sie.

Damit umgehen bedeutet: Schlechte Reaktionen bis hin zu Beschimpfungen in den sozialen Medien auszuhalten. Denn in der Öffentlichkeit werden die Pflichtverteidiger und Pflichtverteidigerinnen oft als die Vertreter des "Bösen" wahrgenommen - und mit entsprechenden E-Mails und Posts in den sozialen Medien bedacht. All das schreckt Corinna Nagel aber nicht ab. Die Fälle, hinter denen sie große Emotionen vermutet, die reizen sie besonders. Und so wird sie weiterhin Pflichtverteidigungen übernehmen.

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