Eine Familie ist auf dem Weg zur Erstaufnahmeeinrichtung - ein Ulmer Asylanwalt hält nichts von einem Aufnahmestopp von Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan, wie ihn CDU-Chef Merz fordert.

Nach Anschlag von Solingen

Ulmer Asylanwalt: Merz' Forderung nach Aufnahmestopp ist "einfach Unsinn"

Stand
Autor/in
Volker Wüst
Volker Wüst
Das Interview führte
Anita Schlesak

CDU-Chef Merz fordert nach der Tat von Solingen einen Aufnahmestopp für Geflüchtete aus Afghanistan und Syrien. Doch ein Ulmer Asylanwalt sagt, solche Fälle ließen sich damit nicht verhindern.

Der Ulmer Fachanwalt für Asyl- und Ausländerrecht, Thomas Oberhäuser, hat die Forderungen von CDU-Chef Friedrich Merz nach einer Verschärfung des Asylrechts kritisiert. Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen alle Schutzsuchenden aus bestimmten Ländern auszuschließen sei "völlig verfehlt, das ist weder verfassungskonform noch mit europäischem Recht vereinbar. Das ist einfach Unsinn".

Merz fordert Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien

Der Anschlag von Solingen hatte die Debatte über die Migrationspolitik und Abschiebungen neu befeuert. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, sitzt in Untersuchungshaft. Merz hatte einen generellen Aufnahmestopp von Syrern und Afghanen gefordert.

Oberhäuser, der Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im deutschen Anwaltsverein ist, hält nichts davon. Man könne nicht "von vornherein Menschen von Schutzansprüchen ausschließen, nur weil sie vielleicht irgendwann mal verblendet irgendwelche Taten begehen". Die Menschen aus Syrien, die nach Deutschland kämen, seien "mitnichten vorwiegend irgendwelche Islamisten oder durchgeknallte Menschen, sondern Personen, die hier oftmals vor Islamisten Schutz suchen".

Es ist legitim, zu überlegen, ob man Menschen, die hier Gefährder sind, nicht außer Landes bringen kann.

Dennoch hält es der Ulmer Anwalt für "legitim, zu überlegen, ob man Menschen, die hier Gefährder sind, nicht außer Landes bringen kann". Auch nach Syrien, Teile des Landes könne man "als einigermaßen sicher" erklären. Grundsätzlich erhielten Menschen aus Syrien vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Schutzstatus. Diese schütze sie davor, abgeschoben zu werden. Aber diesen Status könne man widerrufen und "muss man widerrufen, wenn bestimmte schwere Straftaten vorliegen".

Ulmer Anwalt: Abschiebungen möglich, müssen aber abgewogen werden

Abschiebungen nach Syrien müssten aber gründlich abgewogen werden, sagte Oberhäuser. Er stützt seine Aussage auf ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Wenn Gefahren bestünden, dürfe man nicht abschieben. "Das sind wir unserer Verfassung schuldig, der Menschenwürde, die als Artikel eins ganz primär im Grundgesetz steht. Und das kann man nicht einfach ignorieren."

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