Das Gebäude ist fast fertiggestellt. Es steht am Rande des Teva-Betriebsgeländes im Ulmer Donautal. In der Anlage mit dem Namen Genesis sollen künftig unter anderem Wirkstoffe gegen Krebserkrankungen hergestellt werden. Jetzt müssen die Anlagen im Gebäude noch abgenommen und die Beschäftigten eingearbeitet werden. Immerhin ist der Beginn der Produktion endlich in Sichtweite.
Arzneimittelhersteller Teva in Ulm: Erleichterung und Stolz
Es ist schon ein imposantes Gebäude, das sich Teva auf das eigene Firmengelände gestellt hat. 70 Meter lang, 70 Meter breit, acht Stockwerke hoch. Ummantelt von einer Glasfront, die je nach Sonneneinstrahlung mal smaragdgrün, mal schwarz glänzt. 2017 war die Grundsteinlegung. Der ehrgeizige Plan sah damals vor, das Gebäude 2019 fertig zu stellen. Jetzt, Anfang 2023, wird immer noch gebaut, letzte Arbeiten werden erledigt. Mit Blick auf die letzten Jahre ist es eine Mischung aus Stolz und Erleichterung, wenn Teva-Deutschland-Chef Andreas Burkhardt und der Biotechnologie-Chef des Unternehmens Stefan Fügenschuh auf ihr neues Prunkstück schauen.
Nach zähem Start für Teva-Neubau kam Corona
Die Zeitpläne waren zu ambitioniert, räumt Teva mittlerweile ein. Doch förmlich ausgebremst hat das Großprojekt die Corona-Pandemie. Bis zu 1.400 Mitarbeitende waren in den Hochzeiten auf der Baustelle. Während der Corona-Zeit war das so gut wie nicht zu koordinieren. Einreise-Restriktionen für viele ausländische Arbeiter und Kontakt-Beschränkungen vor Ort legten die Arbeiten fast lahm. Phasenweise waren Dutzende Beschäftigte zeitgleich in Quarantäne. Hinzu kamen Lieferschwierigkeiten. "Es war zeitweise sehr komplex", sagt Burkhardt.
Die Arbeiten mussten in einen Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt werden. Der Samstag wurde als zusätzlicher Arbeitstag eingeführt. Aus anvisierten Kosten von 500 Millionen Euro ist mittlerweile eine Milliarde geworden. Teva-Chef Andreas Burkhardt stellt an dieser Stelle aber klar: Der Mutterkonzern Teva steht zu den Mehrkosten und das frühere Unternehmen Ratiopharm hätte sich eine solche Investition niemals alleine leisten können. Für Teva ist es im Übrigen nach eigenen Angaben die größte Investition der 120-jährigen Firmengeschichte.
Leuchtturm des Unternehmens in Sachen Digitalisierung
Im Inneren des Gebäudes wird schnell klar, was Planung und Bau des Gebäudes so kompliziert gemacht haben. Denn der technische Aufwand, um Biopharmazeutika herzustellen, ist enorm. Mehr als 20 Firmen haben Leitungen, Behälter, Kabel und Sensoren über Jahre zusammengebaut. Mehr als 16 Kilometer Edelstahl-Leitungen liegen in Genesis, hinzu kommen 300 Kilometer Kabel. 26.000 Messgeräte überwachen den Betrieb. "Es ist der Leuchtturm im Teva-Konzern, was die Digitalisierung angeht", sagt Biotechnologie-Chef Stefan Fügenschuh.
Biopharmazeutika - vom Hamster zum Wirkstoff
Was macht Teva eigentlich in dem neuen Gebäude? Das Unternehmen will Biopharmazeutika herstellen. Das sind biotechnologisch hergestellte Medikamente, für deren Produktion lebende Zellen eingesetzt werden. Grob dargestellt funktioniert das so: Teva verändert genetisch Zellen von Tieren, in dem Fall von chinesischen Hamstern. Damit werden in einem rund dreimonatigen Prozess Proteine produziert. Proteine, die zum Beispiel das Wachstum von Krebszellen stoppen können. Und während die Pandemie Baustellen verlangsamt hat, hat sie möglicherweise den einen oder anderen pharmazeutischen Prozess beschleunigt.
Noch leuchtet der Teva-Leuchtturm nicht
Der von Stefan Fügenschuh beschriebene Leuchtturm von Teva leuchtet allerdings noch nicht ganz. Zunächst müssen Abläufe getestet, die Anlagen und Prozesse abgenommen und Personal geschult werden. Anfang 2025 soll dann die Produktion anlaufen. Unter Voll-Last arbeiten in Genesis in Zukunft rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Ende des Mega-Bauprojekts ist immerhin in Sichtweite, ungefähr so, wie auf dem Bild am Horizont, das Ulmer Münster.