Seit Anfang März kommt man mit Bargeld in der Neu-Ulmer Filiale einer Ulmer Bäckereikette nicht mehr weiter. Hier erhält man nur noch Brezel, Semmel und Croissant, wenn man seine Geldkarte dabei hat. Ein Experiment, das Bargeld vielleicht auch in den anderen Filialen überflüssig machen könnte. Gilt das auch für den Ulmer Wochenmarkt?
Studierende und Schüler - die perfekte Kundschaft für das Experiment
Ulrich Bayer hat gerade seine 17. Bäckereifiliale eröffnet - in Neu-Ulm, direkt bei einem Studierendenwohnheim, um die Ecke sind weiterführende Schulen. Aufgeschlossene, junge Kundschaft - für ihn der perfekte Standort, um bargeldloses Bezahlen einzuführen. Ulrich Bayer: "Es gibt noch eine Übergangszeit, in der Kunden mit Bargeld unsere Kundenkarte aufladen können - für alle, die anonym bleiben wollen." Verständnislose und wütende E-Mails hätten ihn dennoch bereits erreicht. "Aber wir führen das auch ein, weil es mit Karte für unsere Mitarbeiterinnen sicherer ist."
Falschgeld und Einbruch - beides habe er schon in seinen Filialen erlebt. Aber überhaupt: Das Bezahlen mit Karte habe sich seit Corona aus Hygienegründen sowieso schon bei einem Teil seiner Kundschaft etabliert. Der ausschlaggebende Grund für die Umstellung und Erprobung an dem neuen Standort war aber eine Reise nach Dänemark. Dort werde so gut wie gar nichts mehr mit Bargeld bezahlt. Er sah darin viele Vorteile. Und so soll es jetzt zum Beispiel auch für seine Verkäuferinnen leichter werden, wenn ihnen niemand mehr Geld über den Tresen reicht.
Geht's mit Karte wirklich schneller?
Verkäuferin Edith Scetta sagt allerdings zur Kartenzahlung: "Ich finde, manchmal dauert's sogar länger. Da stecken die Leute die Karte rein, überlegen, wie ihre PIN lautet, manche brauchen wiederum keine PIN." Das Geld aber, das legten die Kunden einfach hin und sie könne es "zack, zack zack", herausgeben. "Die Übung macht's." 30 Jahre hat sie als Verkäuferin Geld herausgegeben. Doch: "Man muss ja mit der Zeit gehen."
Auf dem Wochenmarkt gibt es beides
Auf dem Ulmer Wochenmarkt bieten größere Stände zusätzlich Kartenzahlung an. Bei kleineren Ständen geht’s meist noch klassisch zu. Am Honig- und Hagebuttenstand von Timo Kraus zum Beispiel. "Bei uns ist immer noch Bares Wahres. Die Banken verlangen noch zuviel Geld für jede Buchung. Das müssten wir auf die Produkte umlegen, was wiederum beim Kunden landet." Auch bei denen, die eigentlich bar bezahlen. "Also tragen die das von denen mit, die das Kartensystem möchten."
Auch Wolfgang und Christine Maurer mit ihrem Geflügel- und Eierstand haben zur Kartenzahlung eine klare Meinung. Wolfgang Maurer: "Wenn ich in der Bäckerei sehe, da bezahlt jemand eine Butterbrezel für 1,60 Euro mit Karte - das sollte in der Bank mit zwei Euro belastet werden." Seine Frau fügt hinzu: Die Beträge, etwa für eine Schachtel Eier, seien auch an ihrem Stand oft zu klein. "Da lohnt sich der Aufwand mit Kartenzahlung nicht."
Gegenüber verkauft Jeanette Dolpp Käse. Sie nimmt auch Karten. Doch Technik bleibt Technik: Kürzlich habe es Netzprobleme gegeben, das Kartengerät fiel aus. Sie musste die Kundschaft zum Bankomaten schicken. Nichtsdestotrotz überwiegen für sie die Vorteile, die sie bieten kann. "Viele kommen morgens vom Joggen und haben nur eine Karte dabei, weil der Geldbeutel bei ihrer Joggingrunde stören würde." Auch nicht verzichten will Jeanette Dolpp auf die Kundschaft, die an ihrem Käsestand mal wieder über die Strenge schlägt und mehr Geld ausgibt, als ihr Portmonnaie hergibt. Dann besser mit Karte.