Nattheim im Kreis Heidenheim ist ein Eldorado für Fossilienfans. Eingeschlossen in Kalkstein finden sich dort vor allem Korallen, die vor Millionen von Jahren auf dem heutigen Härtsfeld lebten. Wie die Meerestiere auf die Schwäbische Alb gekommen sind, erzählt jetzt auch ein Film.
In einem Wald bei Nattheim (Kreis Heidenheim) sind zwei Männer unterwegs, die Blicke suchend auf den Boden gerichtet. Mit ihren spitzen Hämmern halten sie nach Gesteinsbrocken Ausschau. Es sind die Geologen Andreas Ziemann und Ulrich Sauerborn. Die beiden wissen: Was hier wie ein gewöhnlicher, bemooster Kalkstein aussieht, birgt vielleicht ein lang gehütetes Geheimnis.
Immerhin sah es im heutigen Nattheim vor 150 Millionen Jahren noch ganz anders aus: blaues Meer, weiße Sandstrände und tropische Lagunen - ein Ort zum Urlaub machen. Ulrich Sauerborn schlägt mit dem Hammer ein Stück von einem hellen Stein ab. Zum Vorschein kommen bläulich-verästelte Muster. "Es braucht ein geübtes Auge, um hier eine Koralle zu erkennen", gibt Begleiter Andreas Ziemann zu. "Dann weiß man: Hier war früher nicht Buchenwald, sondern ein Korallenmeer."
Nattheimer Korallen lebten einst im Jurameer
In der Jurazeit war die Region, in der heute Nattheim liegt, von Meer bedeckt. Zwischen großen Schwamm- und Korallenriffen lebten Seeigel, Muscheln und schneckenförmige Ammoniten. Einige wurden im Meeresschlamm konserviert. Durch die Verschiebung der Kontinentalplatten wanderte die heutige Härtsfeldgemeinde immer weiter Richtung Norden und tauchte schließlich aus dem Jurameer auf.
Die Gegend rund um Nattheim ist die beste Fundstelle für Korallen weltweit, ist sich Geologe Ulrich Sauerborn sicher. Das ziehe auch Sammlerinnen und Sammler an. Sein Begleiter Ziemann meint: "Wir sind hier genau an der Stelle, wo die Riffkörper freigelegen haben. Und wir haben das Glück, dass die Korallen durch Kieselsäure ganz fest geworden sind." Im Versteinerungsprozess wurden die Kalk-Schalen der Meerestiere im Laufe der Jahrmillionen durch stabilen Quarz ersetzt.
Begehrte Fossilien: Korallen aus Nattheim weltweit ausgestellt
Um die Fossilien aus dem Stein zu befreien, werden die Brocken in verdünnte Salz- oder Ameisensäure gelegt. Dabei löst sich der Kalk des Gesteins nach und nach auf und legt die verkieselten Meeresbewohner frei. Die schönsten Exemplare kommen ins Nattheimer Korallen- und Heimatmuseum. "Da haben wir einen riesen Fundus hier in Nattheim", sagt der Vorsitzende des Museumsvereins, Günther Paschaweh, nicht ohne Stolz.
Mittlerweile sind die Nattheimer Korallen auch in Museen in Wien, London oder in New York zu sehen. Dabei ist der Wirbel um die Fossilien einem Zufall zu verdanken: Als mit dem Beginn der Industrialisierung in Nattheim Bohnerz abgebaut wurde, stießen Bergleute auf gemusterte Steine. Erst Geologen erkannten darin die versteinerten Korallen. Bis heute sind die versteinerten Meerestiere rund um Nattheim zu finden. Ein Eldorado für Sammler.
Dokumentarfilm über Geschichte der Korallen in Nattheim
Die Geschichte der Korallen auf der Schwäbischen Alb haben Günther Paschaweh, Andreas Ziemann und Ulrich Sauerborn zusammen mit der Hochschule Aalen in einem Dokumentarfilm zusammengefasst. Neben computeranimierten Szenen ist das Filmmaterial in der Nattheimer Umgebung entstanden. Der 15-minütige Korallen-Film feiert am 13.11. um 19.30 Uhr im Bürgerhaus in Nattheim-Steinweiler Premiere. Später wollen ihn die Macher auch in Schulen zeigen.