Burak Özgün arbeitet für die Spedition Brucker aus Aalen. Das Unternehmen hatte zwei Transporter für Hilfsgüter in die türkische Partnerstadt Antakya zur Verfügung gestellt. Burak Özgün ist inzwischen auf dem Rückweg in die Heimat, der SWR hat ihn in Bulgarien erreicht.
SWR Aktuell: Allein die Hinfahrt in die Region Antakya hat vier Tage gedauert. Was haben Sie im Erdbebengebiet gesehen und erlebt?
Burak Özgün: Im Erdbebengebiet sah es sehr, sehr schlimm aus. Vieles wird ja in den Medien gar nicht gezeigt. Wir durften direkt das Erdbebengebiet betreten, auch die Innenstadt. Da steht kein einziges Haus mehr. Kein einziges Haus. Man hat Leute gesehen, die auf der Straße sind. Man hat Leichensäcke gesehen, die auf der Straße liegen. Noch nicht identifiziert wurden. Es ist schlimmer, als es aussieht. Man hört immer noch Schreie aus den Gebäuden, also, vor zwei Tagen, als wir noch da waren, haben wir immer noch Hilferufe gehört. Es stinkt nach Leichen.
Wir waren angemeldet, auch über den Oberbürgermeister von Antakya, aber den haben wir gar nicht gesehen, auch nicht als Partnerstadt. Da war nur ein junger Mann, der hat uns fotografiert, dass wir da sind. Mehr wollte der gar nicht wissen, von uns.
Hatten Sie den Eindruck, dass die Hilfsgüter aus Aalen im Chaos untergehen?
Burak Özgün: Den Eindruck hatte ich nicht. An der Abladestelle selbst lief es koordinierter ab. Die sortieren dort alles, Decken und Winterkleidung. Und dann wird es von dort abgeholt und an Hilfsbedürftige verteilt, das haben wir dann auch gesehen.
Sie sagen, Sie sind ständig mit dem Tod konfrontiert worden. War das für Sie ein Albtraum, den Sie so nicht geahnt hatten?
Burak Özgün: Genau. Dass wir den Anblick haben werden, haben wir nicht gedacht. Dass es so schlimm aussieht, hatten wir in den Medien nicht gesehen. Das war hart. Das geht einem an die Psyche.
Auf der Strecke ins Erdbebengebiet mussten Sie Schutzgeld bezahlen. Wie hat sich das abgespielt?
Burak Özgün: Wir selber nicht. Ich war immer in Kontakt mit unserem zweiten Transporter, die haben Schmiergeld zahlen müssen. Von uns wurde auch Schmiergeld verlangt, ich habe nichts bezahlt. Dann haben die mich an die letzte Stelle der Schlange an der Grenzkontrolle gestellt, obwohl wir ein Hilfstransport waren. Da durften wir in Rumänien am Grenzübergang nach Bulgarien erst mal zehn Stunden warten.
War die Fahrt durch die Türkei für Sie gefährlich? Es gab Nachrichten, es gäbe Banden, die Hilfstransporte überfallen.
Burak Özgün: Bis wir da unten angekommen sind, war das sehr gut koordiniert mit der Polizei und der Armee, die dann auf den Straßen waren. Es gab häufig Kontrollpunkte. Und zum Schluss wurden wir ohnehin von der Polizei eskortiert.
Wie kann man nach Ihrer Erfahrung jetzt den betroffenen Menschen am besten helfen?
Burak Özgün: Keine Kleidung mehr, da ist ein Überschuss. Die brauchen Heizgeräte, Generatoren, Babynahrung, Lebensmittel, Wasser. Das ist das, was jetzt dort gebraucht wird.