Eine 30-jährige Frau ist vom Amtsgericht Neu-Ulm wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Sie hat ihre eigene Oma in Weißenhorn erpresst. Die Angeklagte wollte nach Angaben des Gerichts 10.000 Euro von ihrer Großmutter.
Enkelin drohte, angebliche Vergewaltigung öffentlich zu machen
Die Enkelin ging auf ihre Oma los und drohte damit, sie werde demnächst im Gottesdienst vor allen Kirchenbesuchern verkünden, dass sie in ihrer Kindheit vom Großvater vergewaltigt worden sei.
Aufgeflogen war das Ganze im Oktober 2020, als die knapp 80-jährige Oma erpresst wurde, völlig eingeschüchtert zur Bank fuhr und die geforderten 10.000 Euro abheben wollte. Die Mitarbeiter der Bank in Weißenhorn ahnten, dass hier etwas nicht stimmt, vermuteten aber einen klassischen Enkeltrickbetrug und riefen die Polizei.
Richterin findet deutlich Worte
"Sie haben ihre Oma ausgenommen", sagte am Mittwoch die Richterin des Neu-Ulmer Schöffengerichts in der Urteilsbegründung, und weiter: "Ein Familiendrama, das sich zu einem Enkeltrick mit echter Enkelin ausgeweitet hat."
Denn die Enkelin hatte immer wieder Geld gefordert und bekommen, erst zwei Wochen vor der Erpressung 3.000 Euro, fünf Monate zuvor 10.000 Euro. In den Jahren davor zeigte sich die Großmutter häufig großzügig und ließ zum Beispiel die Enkelin mietfrei bei ihr wohnen.
Amtsgericht Neu-Ulm: Kein Hinweis auf sexuellen Missbrauch in der Familie
Der erwähnte sexuelle Missbrauch durch den Großvater war indessen nicht nachweisbar: Die 30-jährige hat mit ihren Anschuldigungen umfangreiche Ermittlungen der Kripo ins Rollen gebracht. Die Beamten haben aber keine Hinweise finden können, dass es sexuelle Übergriffe innerhalb der Familie gab, weder vom beschuldigten und inzwischen verstorbenen Großvater, noch von anderen männlichen Familienmitgliedern. Trotzdem behauptet die Enkelin nach wie vor, sie sei in ihrer Kindheit missbraucht worden und leide bis heute unter posttraumatischen Störungen.
Oma erscheint als Zeugin vor Gericht
Der Großmutter war das Ganze sichtlich unangenehm, dass diese Familiengeschichte vor Gericht kam. Sie weinte und wurde zwischenzeitlich von der Richterin in den Arm genommen. Sie könne sich nicht mehr wirklich daran erinnern. Für das Gericht war es schwierig einzuschätzen, ob die alte Dame bereits an Demenz leidet oder einfach nur den Familienfrieden herbeisehnt.
Richterin: "Unterste Schiene, was man einer Oma antun kann"
Die Richterin am Neu-Ulmer Amtsgericht sagte zu der Angeklagten, das sei die "unterste Schiene, was man einer Oma und einer Familie antun" könne. Schließlich ging es nicht nur um die versuchte Erpressung. Die Enkelin hatte ihre Oma im Vorfeld auch mindestens zweimal tätlich angegriffen und leicht verletzt und sie so auch weiter eingeschüchtert – alles aus Geldgier, so die Richterin. Positiv wirkte sich das Geständnis der Angeklagten aus. Zwei Jahre auf Bewährung hatten übrigens auch sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung gefordert. Zudem muss die Frau 800 Euro Strafe zahlen und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.