Der Biber unterhöhlt Wege und Straßen. Dabei sieht er doch so putzig aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Richtig trübe wird allerdings der Blick von Unterwachingens Bürgermeister Hans Rieger, wenn er an seine Kasse denkt. Das Nagetier, das den Tobelbach zu seiner Heimat auserkoren hat, kommt das Dorf im Alb-Donau-Kreis richtig teuer zu stehen.
Bürgermeister wöchentlich auf Biberstreife
Fast 40.000 Euro kostet die Sanierung einer Verbindungsstraße zur nächsten Ortschaft. Dazu kommen im Ort zusätzliche Kosten für neue Bepflanzungen, Maßnahmen zur Ufersicherung, kleine Straßenausbesserungen... Am Ende sind es 53.000 Euro, die ein Dorf nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln kann.
Und die Schäden sind nicht nur teuer sondern auch gefährlich: Erst unlängst sei ein Kind vom Fahrrad gefallen an einer Stelle, an der sich die Straße gesenkt hatte. Eine Brücke war vom Einstürzen bedroht. Immer wieder werde mit Kaltteer geflickt, so gut es eben geht. Der Bürgermeister ist selbst jede Woche auf Biberstreife, um nach dem Rechten zu sehen.
Biber lieben Sträucher und hassen Birkensaft
Sträucher gibt’s hier entlang des Tobelbaches keine mehr. Denn die schmecken den Tieren neben Mais wohl ganz besonders gut. Die Unterwachinger wissen aber auch, was den Bibern zuwider ist: Birken und Pappeln nämlich. Birkensaft mögen sie offenbar nicht und Pappeln treffen wohl auch nicht den Biber-Geschmack. Deshalb stehen entlang des Bachlaufs auf dieser Höhe nur noch solche hochstämmigen Bäume.
Biber, der Baumeister baut Dämme und Burgen
Für den einen sind es Schäden, für den Biber selbst sind es dagegen wahre Meisterwerke, erklärt Sabine Brandt, Leiterin der Nabu-Geschäftsstelle Allgäu-Donau-Oberschwaben. Immer nasse Füße zu haben sei der Lebenszweck des Bibers.
Deshalb staut er so gerne Wasser auf: Dort bewegt er sich sicher, an Land ist er eher schwach und angreifbar, erklärt die Biologin. Zudem schützt er mit seinen Bauten seine Nachkommen vor Fressfeinden.
Biber betreiben gratis Hochwasser- und Klimaschutz
Durchdachter und pfiffiger geht's kaum, meint Sabine Brandt. Denn der Biber modelliere die Landschaft so gut, wie wir Menschen das nicht könnten. Ihre Reviere können mehrere Kilometer lang sein. Langfristig gesehen spare er den Kommunen so Ausgaben ein: Für Hochwasserschutz, aber auch für Klima- und den Artenschutz.
Dem selbst schon fast ausgestorbenen Biber hätten es mindesten 75 Arten erwiesenermaßen zu verdanken, dass sie noch existierten, berichtet die Biologin und hängt Deutschlands größtem Nagetier somit noch eine Goldmedaille als Artenschützer um.
Selbst schuld an Schäden - zu nah am Wasser gebaut
"Eigentlich eine Erfolgsgeschichte", schwärmt sie. An der Misere sei man dagegen auch ein bisschen selbst schuld, sagt Sabine Brandt: Man habe dem Biber in der Vergangenheit einfach zu wenig Platz eingeräumt.
Damit Mensch und Biber friedvoll zusammenleben können, schlägt sie einen bis zu zwanzig Meter breiten Streifen links uns rechts der Gewässer vor, in der sich der Biber ausleben kann, ohne intensive Bewirtschaftung.
Millionenschwere Biber-Spielwiese
In der Nachbargemeinde Oberwachingen im Nachbarkreis Biberach hat der Biber eine tolle Spielwiese bekommen. Mit einem ausgeklügelten Drainagesystem und Rohrleitungen. Diese Flurbereinigung sei beispielhaft, so die Naturschützerin. Ist aber auch millionenschwer und war nur dank spezieller Fördergelder möglich. Man brauche eine gesamtgesellschaftliche Lösung für Mensch und Tier.
Bürgermeister fordert Biberfonds
Nicht immer gehen die Konflikte zwischen Mensch und Tier gut aus. Im vergangenen Jahr wurden erstmalig in Baden-Württemberg zwei Biber getötet, auch am Tobelbach, etwa eine Ortschaft weiter. Das sollte aber die allerletzte Maßnahme sein, findet auch Hans Rieger.
Er wünscht sich mehr Unterstützung vom Land – ganz nach bayerischem Vorbild. Denn im Nachbarbundesland gibt es bereits einen sogenannten Biberfonds, der Gemeinden monetär unterstützt. Hans Rieger plädiert für einen Biberfonds in Baden-Württemberg. Damit seine Gemeinde in Zukunft eben nicht auf den tausenden Euro Kosten hängen bleibt.