Nager hält Gemeinde auf Trab

50.000 Euro Schaden: Biber unterwandert Unterwachingen

Stand
Autor/in
Christina Scherer
Dennis Bechtold
SWR-Aktuell Redakteur Dennis Bechtold

Für den Biber selbst sind seine Arbeiten wahre Meisterwerke, für Unterwachingen sind es teure und gefährliche Schäden. Wie eine Gemeinde im Alb-Donau-Kreis mit dem Nagetier zu kämpfen hat.

Der Biber unterhöhlt Wege und Straßen. Dabei sieht er doch so putzig aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Richtig trübe wird allerdings der Blick von Unterwachingens Bürgermeister Hans Rieger, wenn er an seine Kasse denkt. Das Nagetier, das den Tobelbach zu seiner Heimat auserkoren hat, kommt das Dorf im Alb-Donau-Kreis richtig teuer zu stehen.

Bürgermeister wöchentlich auf Biberstreife

Fast 40.000 Euro kostet die Sanierung einer Verbindungsstraße zur nächsten Ortschaft. Dazu kommen im Ort zusätzliche Kosten für neue Bepflanzungen, Maßnahmen zur Ufersicherung, kleine Straßenausbesserungen... Am Ende sind es 53.000 Euro, die ein Dorf nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln kann.

Alles wegen des Bibers - 50.000 Euro für Schäden.

Und die Schäden sind nicht nur teuer sondern auch gefährlich: Erst unlängst sei ein Kind vom Fahrrad gefallen an einer Stelle, an der sich die Straße gesenkt hatte. Eine Brücke war vom Einstürzen bedroht. Immer wieder werde mit Kaltteer geflickt, so gut es eben geht. Der Bürgermeister ist selbst jede Woche auf Biberstreife, um nach dem Rechten zu sehen.

Der Bürgermeister auf seiner Kontrolltour am Tobelbach: Der Biber richtet in seiner Gemeinde Unterwachingen ganz schöne Schäden an.
Der Bürgermeister auf seiner Kontrolltour am Tobelbach: Der Biber richtet in seiner Gemeinde Unterwachingen ganz schön Schäden an. Bild in Detailansicht öffnen
Die Risse in der Straße in Unterwachingen zeigen, welchen den Schaden der Biber anrichten kann.
Der Biber richtet in Unterwachingen ordentlich Schäden an - Straßen senken sich ab oder reißen auf, immer wieder muss mit Kaltteer nachgebessert werden. Rund 50.000 Euro muss die Gemeinde dafür aufbringen. Bild in Detailansicht öffnen
Die Spuren des Bibers am Baum sind entlang des Tobelbachs in Unterwachingen überall zu sehen.
Die Spuren des Bibers sind entlang des Tobelbachs in Unterwachingen überall zu sehen. Bild in Detailansicht öffnen

Biber lieben Sträucher und hassen Birkensaft

Sträucher gibt’s hier entlang des Tobelbaches keine mehr. Denn die schmecken den Tieren neben Mais wohl ganz besonders gut. Die Unterwachinger wissen aber auch, was den Bibern zuwider ist: Birken und Pappeln nämlich. Birkensaft mögen sie offenbar nicht und Pappeln treffen wohl auch nicht den Biber-Geschmack. Deshalb stehen entlang des Bachlaufs auf dieser Höhe nur noch solche hochstämmigen Bäume.

Biber, der Baumeister baut Dämme und Burgen

Für den einen sind es Schäden, für den Biber selbst sind es dagegen wahre Meisterwerke, erklärt Sabine Brandt, Leiterin der Nabu-Geschäftsstelle Allgäu-Donau-Oberschwaben. Immer nasse Füße zu haben sei der Lebenszweck des Bibers.

Der Biber ist ein Super-Baumeister und möchte überall nassen Fußes hinkommen.

Deshalb staut er so gerne Wasser auf: Dort bewegt er sich sicher, an Land ist er eher schwach und angreifbar, erklärt die Biologin. Zudem schützt er mit seinen Bauten seine Nachkommen vor Fressfeinden.

Biber betreiben gratis Hochwasser- und Klimaschutz

Durchdachter und pfiffiger geht's kaum, meint Sabine Brandt. Denn der Biber modelliere die Landschaft so gut, wie wir Menschen das nicht könnten. Ihre Reviere können mehrere Kilometer lang sein. Langfristig gesehen spare er den Kommunen so Ausgaben ein: Für Hochwasserschutz, aber auch für Klima- und den Artenschutz.

Dem selbst schon fast ausgestorbenen Biber hätten es mindesten 75 Arten erwiesenermaßen zu verdanken, dass sie noch existierten, berichtet die Biologin und hängt Deutschlands größtem Nagetier somit noch eine Goldmedaille als Artenschützer um.

Selbst schuld an Schäden - zu nah am Wasser gebaut

"Eigentlich eine Erfolgsgeschichte", schwärmt sie. An der Misere sei man dagegen auch ein bisschen selbst schuld, sagt Sabine Brandt: Man habe dem Biber in der Vergangenheit einfach zu wenig Platz eingeräumt.

Damit Mensch und Biber friedvoll zusammenleben können, schlägt sie einen bis zu zwanzig Meter breiten Streifen links uns rechts der Gewässer vor, in der sich der Biber ausleben kann, ohne intensive Bewirtschaftung.

Ein Staudamm vom Biber am Tobelbach in Unterwachingen.
Weil der Biber sich am besten im Wasser bewegt, liebt er es Wasser aufzustauen. In einem bereits renaturierten Teil des Tobelbachs zwischen Unterwachingen und Oberwachingen hat er einen Staudamm gebaut.

Millionenschwere Biber-Spielwiese

In der Nachbargemeinde Oberwachingen im Nachbarkreis Biberach hat der Biber eine tolle Spielwiese bekommen. Mit einem ausgeklügelten Drainagesystem und Rohrleitungen. Diese Flurbereinigung sei beispielhaft, so die Naturschützerin. Ist aber auch millionenschwer und war nur dank spezieller Fördergelder möglich. Man brauche eine gesamtgesellschaftliche Lösung für Mensch und Tier.

Bürgermeister fordert Biberfonds

Nicht immer gehen die Konflikte zwischen Mensch und Tier gut aus. Im vergangenen Jahr wurden erstmalig in Baden-Württemberg zwei Biber getötet, auch am Tobelbach, etwa eine Ortschaft weiter. Das sollte aber die allerletzte Maßnahme sein, findet auch Hans Rieger.

Biber zu töten sollte - als allerletzte Maßnahme - erlaubt sein.

Er wünscht sich mehr Unterstützung vom Land – ganz nach bayerischem Vorbild. Denn im Nachbarbundesland gibt es bereits einen sogenannten Biberfonds, der Gemeinden monetär unterstützt. Hans Rieger plädiert für einen Biberfonds in Baden-Württemberg. Damit seine Gemeinde in Zukunft eben nicht auf den tausenden Euro Kosten hängen bleibt.

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