Viele Gmünder plädierten in den 1950er und 60er Jahren für einen Abriss. Der "alda Kaschda" sollte nach ihrer Meinung weg. Wer den schmucken barocken Bau mitten in der Altstadt von Schwäbisch Gmünd kennt, kann das vermutlich kaum nachvollziehen.
Doch das ehemalige Dominikanerkloster ist damals reichlich ramponiert und schäbig, glaubt man Zeitzeugen. Hätte man damals die Bürgerinnen und Bürger abstimmen lassen, stünde heute an dem Ort möglicherweise ein Kaufhaus.
Nach der Aufhebung des Klosters 1802 ziehen zunächst Soldaten in den Prediger, die prachtvolle Kirche wird erst Holzdepot, dann Pferdestall. Während und nach den beiden Weltkriegen werden Flüchtlinge in der "alten Kaserne", wie die Gmünder den Prediger bis in die 1960er Jahre nennen, untergebacht, später auch Obdachlose.
Gemeinderat entscheidet mit einer Ja-Stimme Vorsprung
Ein Architektenwettbewerb zur Sanierung des Predigers wird bereits 1950 initiiert. Und es ist auch der Schöpfer des Siegerentwurfs, Wilhelm Tiedje, der den Bauauftrag erhält - allerdings erst 23 Jahre später. Vorher bohrt der damalige Gmünder Oberbürgermeister Hansludwig Scheffold ziemlich dicke Bretter, um den Gemeinderat von der Nutzung als Kulturzentrum zu überzeugen. Der entscheidet 1966 mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme für das Projekt.
Alle Kultureinrichtungen an einem Ort vereint
In der Folge entsteht in Schwäbisch Gmünd eines der ersten Zentren, das praktisch sämtliche städtische Kultureinrichungen an einem Ort vereint: Volkshochschule, Stadtbücherei - die dadurch von einer Theken- zu einer Freihandbibliothek wird, Museum. Und nicht zuletzt erhalten die heimatvertriebenen Neubürgerinnen und -bürger einen Erinnerungsort: die Ostdeutsche und die Brünner Stube. In einem großen Saal können Konzerte stattfinden, der repräsentable Bösendorfer-Konzertflügel steht heute noch dort. Im Innenhof finden Ausstellungen statt.
Peinliche Panne bei Eröffnungsausstellung
Nicht zuletzt das Museum profitiert damals sehr vom Umzug aus der heutigen Hochschule für Gestaltung in den Prediger. Die neuen großzügigen Platzverhältnisse und die Örtlichkeit mitten im Stadtzentrum von Schwäbisch Gmünd machen auch Ausstellungen moderner und avantgardistischer Kunst möglich. Das birgt allerdings Tücken und sorgt gleich bei der Eröffnungsausstellung für eine peinliche Panne:
Der neue Hausmeister hatte mit Kunst zuvor wenig zu tun, erinnert sich der damalige Mitarbeiter des Süddeutschen Rundfunks und spätere Leiter des Gmünder Kulturbüros Klaus Eilhoff, "und er hat die Arbeit des Aalener Künstlers Artur Elmer einfach weggefegt". Ein Kunstwerk mit Erde, in der Art von Joseph Beuys. Der Skandal endete letztlich vor Gericht und mit einer Entschädigung für Elmer. "Aber es zeigt, dass hier vieles neu war für die Gmünder", fügt Eilhoff hinzu.
Strahlkraft über Schwäbisch Gmünd hinaus
Später sorgen Ausstellungen etwa über den aus Gmünd stammenden deutsch-amerikanischen Maler Emanuel Leutze oder zu skurrilen Themen wie dem Einhorn in der Popkultur für eine Strahlkraft des Prediger weit über Schwäbisch Gmünd hinaus.
Heute sind Stadtbibliothek und Volkshochschule aus Platzgründen in andere Gebäude gezogen. Geblieben sind Museum und eine Galerie, die vom zusätzlichen Platz profitieren. Was ebenfalls geblieben ist: Das gute Miteinander der Kultureinrichtungen, beobachtet der heutige Leiter des städtischen Kulturbüros, Ralph Häcker. "Diese Kraft stammt aus der gemeinsamen Zeit im Prediger. Aus der Bündelung als Kulturzentrum, die vor 50 Jahren sehr innovativ war."