Der Angriff in Rottenburg am Neckar (Kreis Tübingen) vor einem halben Jahr hatte für Aufsehen gesorgt. Jetzt folgte das richterliche Urteil. Der Täter wurde vom Landgericht Tübingen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Opfer des Messerangriffs kann nicht mehr mit dem Bus fahren
Der 23-Jährige Täter hatte bereits vor dem Prozessauftakt bei der Polizei gestanden, dass er im Februar 2024 zwei Männer am Rottenburger Bahnhof mit einem Messer angegriffen hatte. Der Busfahrer, mit dem der Verurteilte zuvor einen Streit gehabt haben soll, wurde beim Angriff schwer verletzt. Ein Passant, der versuchte, den damals 22-Jährigen aufzuhalten, wurde leicht verletzt.
Bleibende körperliche Schäden habe keines der Opfer, so das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen, aber der Busfahrer habe bleibende psychosomatische Schäden, er könne seinen Job nicht mehr ausführen und auch privat keinen Bus mehr nehmen.
Vater des Angeklagten übergibt 5.000 Euro an Opfer
Zu Beginn des Prozesses sagte das 51-jährige Opfer unter Tränen aus, dass der Angeklagte sein Leben ruiniert habe. Zu den letzten Gerichtsterminen war der Busfahrer nicht anwesend, die Nebenklagevertreterin betonte aber mehrfach, dass er immer noch einen schweren Schaden von der Tat trägt. Man habe sich auf einen Täter-Opfer-Ausgleich in Höhe von 10.000 Euro geeinigt, so die Nebenklagevertreterin. Bis dieser nicht vollständig gezahlt wäre, könne der Busfahrer nicht mit der Tat abschließen und auch die Entschuldigung des Angreifers nicht akzeptieren.
Gefehlt haben bis zu den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers noch 5.000 Euro. Der Vater des Angeklagten legte diese kurzerhand nach einer Gerichtspause der Vertreterin des Opfers in bar vor, um die Schuld seines Sohnes zu begleichen.
Landgericht sieht schwere Körperverletzung
Die große Frage des Prozesses lautete: War es versuchter Totschlag oder schwere Körperverletzung? Das Gericht musste also herausfinden, ob der Täter vorsätzlich versucht hat, den Busfahrer zu töten. Im Schlussvortrag des Staatsanwaltes hieß es, dass der Angreifer den Tod seines Opfers mindestens billigend in Kauf genommen habe, da Schnittverletzungen am Hals und Kopf des Opfers auch zum Tod hätten führen können.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft einigten sich darauf, dass der Angeklagte den Busfahrer zwar verletzen, aber nicht mutwillig töten wollte. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von drei Jahren, während die Verteidigung auf eine Maximalstrafe von zwei Jahren zur Bewährung plädierte.
Die Kammer ging über die Forderungen hinaus und verurteilte den 23-jährigen Angeklagten schließlich zu drei Jahren und sechs Monaten Haft.
Richter gehen bei Urteil von zwei Körperverletzungen aus
Begründet hat der Richter die mehrjährige Freiheitsstrafe vor allem damit, dass die zwei Opfer als zwei separate schwere Körperverletzungen zu verurteilen seien. Dazu komme, so der Richter, dass der damals 22-Jährige bei beiden Taten voll schuldfähig gewesen sei und die Geschädigten die Tat nicht herausgefordert hätten. Zudem erleide der frühere Busfahrer massive psychische und finanzielle Beeinträchtigungen durch die Tat.
Der Tatablauf: Das ist im Februar in Rottenburg passiert
Im Februar wollte der jetzt Verurteilte am Busbahnhof Rottenburg einen Bus zu seiner Ausbildungsstelle nehmen, als er in einen Streit mit dem Busfahrer geriet. Auf dem Schülerticket des 22-Jährigen war kein Name eingetragen. Das ist aber notwendig für die Gültigkeit. Nachdem der Täter seinen Namen eingetragen hatte und der Busfahrer diesen als zu unleserlich ansah, gerieten die beiden in ein Handgemenge. Dabei zog der Verurteilte ein Küchenmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge und verletzte den Busfahrer mindestens sechs Mal.
Ein Passant, der den flüchtenden Täter aufhalten wollte, wurde ebenfalls verletzt: Ein Messerstich traf ihn ins Handgelenk.