Der Ärztliche Direktor der Uniklinik Tübingen findet, dass symptomlose Corona-Infizierte arbeiten könnten. "Wir hatten 2018 eine Grippe, die sehr heftig war, mit 25.000 Toten. Damals hatten wir keinen Mundschutz und keine Quarantäne. Die jetzige Variante von Omikron ist nicht stärker als die Grippe von damals", sagte Michael Bamberg, der Ärztliche Direktor der Tübinger Uniklinik. Er sei offen für den Vorschlag, die Quarantänepflicht ganz abzuschaffen.
Seit Montag verkürzte Quarantäne für medizinisch-pflegerisches Personal
Bislang muss medizinisch-pflegerisches Personal länger in Quarantäne gehen als andere Corona-Infizierte: zwei Wochen. Weil in den Kliniken bereits wieder das Personal knapp ist, hat das Land reagiert.
Seit Montag können Pfleger und Ärzte bereits nach sechs Tagen wieder arbeiten, wenn es Personalengpässe gibt, die Mitarbeiter keine Symptome haben und verschiedene Auflagen einhalten. So müssen die Infizierten etwa eine FFP2-Maske tragen und ihre Pausen räumlich getrennt vom restlichen Personal machen.
Verkürzte Quarantäne bei Kliniken umstritten
Der Chef der Tübinger Uniklinik nennt diese verkürzte Quarantäne "gut gemeint" - der bürokratische Aufwand dahinter sei jedoch viel zu hoch. Die Uniklinik werde deshalb keinen Gebrauch von dieser Regelung machen. Derzeit ist die Personalsituation an der Uniklinik Tübingen noch so gut, dass laut Bamberg keine Operationen verschoben werden müssen.
Chefarzt Klaus Fellermann von der Freudenstädter Klinik kann sich dagegen vorstellen, Mitarbeiter früher aus der Quarantäne zu holen. In Freudenstadt werden planbare Operationen bereits teilweise abgesagt - aus Personalmangel. Die Quarantäne ganz abzuschaffen, ist für Fellermann aber undenkbar.
"Die Debatte ist kontraproduktiv und sendet ein falsches Signal. Das Wohl der Patienten und Mitarbeiter hat obersten Vorrang."
Keine verkürzte Quarantänepflicht am Klinikum Reutlingen
Man könnte die Quarantäne verkürzen oder sie sogar ganz wegfallen lassen, sagt der Geschäftsführer der Reutlinger Kreiskliniken Dominik Nusser. Aber man müsse sich darüber klar sein, welche Konsequenzen das möglicherweise habe. Es könne dann eben sein, dass die Infektionszahlen wieder steigen, dass das System weiter belastet wird und der eine oder andere Patient an der Infektion stirbt.
Für die Reutlinger kommt das derzeit nicht in Frage. Und auch die bereits ermöglichte verkürzte Quarantäne will man nicht nutzen. Das sei Ultima Ratio, so Nusser. So schlimm sei die Situation noch nicht - auch wenn am Klinikum in Reutlingen im Moment planbare Operationen verschoben werden.