Meryem Üge-Evren kniet neben dem Grab ihres Mannes auf dem Friedhof in Nagold

Stadt bemüht sich um Lösung

Streit um Frau im falschen Grab auf Friedhof in Nagold geht weiter

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Tabea Günzler
Tabea Günzler ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Im Februar ist eine Frau irrtümlich in einem Doppelgrab bestattet worden. Eine Umbettung lehnen die Angehörigen der Frau ab. Die Grab-Besitzerin kämpft für ihr Recht.

Zwei Monate nach einer Verwechslung auf dem Friedhof Nagold geht der Streit zwischen der Stadt Nagold und der Grab-Besitzerin Meryem Evren weiter. Bislang ist es zu keiner Einigung zwischen den Beteiligten gekommen.

Alle Versuche, eine Lösung mit den Angehörigen der Verstorbenen zu finden, seien nach Ansicht der Friedhofsverwaltung gescheitert. Deshalb will sie aus dem Doppelgrab zwei Einzelgräber machen. Diese Entscheidung kam für die Grab-Besitzerin überraschend.

Angehörige berufen sich auf Totenruhe

Zuvor hatte die Stadt Nagold den Angehörigen der Frau als auch Evren vorgeschlagen, ihre Verstorbenen jeweils umzubetten. Eine Umbettung lehnen beide allerdings ab und berufen sich auf die Einhaltung der Totenruhe. Eine Zwangsumbettung wollte die Stadt vermeiden und hatte auf die Zustimmung der Angehörigen für eine Umbettung gehofft unter Berücksichtigung der Totenruhe, so Jürgen Großmann, Oberbürgermeister von Nagold gegenüber dem SWR.

Die Stadt hatte daraufhin vorgeschlagen, dass Evren im Falle ihres Todes oberhalb ihres Mannes in derselben Grabhälfte beigesetzt werden könne. Oder: Evren könne zwischen ihrem Mann und der anderen Frau bestattet werden. Beides lehnt die 50-Jährige ab und begründet das einerseits mit ihrem Glauben, andererseits mit dem von ihr ursprünglich erworbenen Nutzungsrecht für das Doppelgrab.

Umwandlung vom Doppelgrab zum Einzelgrab

Die Entscheidung der Stadt Nagold das Doppelgrab in zwei Einzelgräber umzuwandeln, geht aus einem Schreiben der Friedhofsverwaltung an Evren hervor, das dem SWR vorliegt. Auf Nachfrage heißt es: "Wir können nachvollziehen, dass das für Frau Evren sehr unbefriedigend ist und finden es sehr bedauerlich, dass sie auf keine unserer Vorschläge eingegangen ist. Deshalb haben wir uns für diesen Schritt entschieden." Demnach sei dieses Vorgehen auf Friedhöfen nicht ungewöhnlich und jederzeit machbar, erklärt Hagen Harwardt von der Friedhofsverwaltung. Evren würden die anteiligen Kosten für eine Grabhäfte erstattet werden.

Die Betroffene ist über das Vorgehen der Stadt Nagold empört und hat Widerspruch eingelegt. Außerdem würde sie die an sie zurückerstatteten Kosten von anteilig rund 2.000 Euro nicht annehmen, sagt Evren dem SWR.

Wie kam es zu der Verwechslung auf dem Friedhof?

Im vergangenen Jahr hatte Evren das Doppelgrab gekauft. Ihr Mann wurde dort bestattet, nachdem er an einer Krebserkrankung starb. Evren will eines Tages neben ihrem Mann dort beerdigt werden. Das sei auch sein letzter Wille gewesen, erzählt sie.

Im Februar kam es dann zu der folgenschweren Verwechslung. Eine andere Frau wurde in die für Evren reservierte Grabhälfte bestattet. Das ursprüngliche Grab der anderen Frau wäre neben dem Doppelgrab gewesen. Die Stadt Nagold entschuldigte sich später für den Fehler.

Im Nachgang bemühte sich die Stadt mit allen Beteiligten um eine Lösung. Dabei machte sie auch den Vorschlag den Ehemann von Evren in ein neues Doppelgrab umzubetten. Das aber lehnte die 50-Jährige entschieden ab: "Mein Mann liegt nicht im falschen Grab, ich habe keinen Fehler gemacht", sagte Evren dem SWR damals.

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Kommunikation über Anwalt und Medien

Evren wendete sich an einen Anwalt für Verwaltungsrecht, doch beendete unterdessen die Zusammenarbeit mit ihm wieder - wegen Befangenheit. Die Suche nach eine neuem Fachanwalt gestalte sich schwierig, erklärt Evren.

Laut Stadt habe es anfänglich zwei Treffen mit den Angehörigen gegeben. Inzwischen aber würde über die Medien kommuniziert, kritisiert Hagen Harwardt von der Friedhofsverwaltung Nagold. Evren kann den Umgang mit ihr seitens der Stadt nicht nachvollziehen und wünscht sich mehr Verständnis.

Umbettung der Frau noch möglich?

Die Stadt Nagold will Evren entgegenkommen. Sie will mit der Umwandlung vom Doppel- in ein Einzelgrab die längere Grablaufzeit von 30 Jahren für den Ehemann von Evren beibehalten.

Für Evren stellt sich die Frage: "Orientieren wir uns an dem deutschen Bestattungsrecht oder an islamischen Bestattungsregeln?" Vielleicht könnte eine Umbettung doch noch möglich sein, so Evren. Eine Islamwissenschaftlerin aus Hamburg sagte ihr, dass nach islamischer Normenlehre die Frau umgebettet werden könne, wenn vor der Beerdigung keine Erlaubnis des Besitzers eingeholt worden sei. Evren will die Hoffnung nicht aufgeben: "Ich werde auch die 20 Jahre Totenruhe der falsch beerdigten Frau abwarten, aber ich möchte, dass sie umgebettet wird".

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