Laut Landratsamt wird in der Region Tübingen weniger Glyphosat eingesetzt als früher. Für einige Landwirte ist der Unkrautvernichter aber immer noch wichtig, erklärt Landwirt Jörg Kautt aus Kusterdingen-Immenhausen (Kreis Tübingen). Am Freitag will die EU-Kommission darüber abstimmen, ob Glyphosat für weitere zehn Jahre zugelassen werden soll.
Chemiekeule für den Ernstfall
Glyphosat ist ein Herbizid, das alle Pflanzen absterben lässt. Es ist eins der am häufigsten eingesetzten Mittel. Es wird vor allem in der Landwirtschaft verwendet, um unerwünschte Kräuter und Gräser zu bekämpfen. Auch Landwirte in der Region setzen es gegen Unkraut gelegentlich ein.
Auch Jörg Kautt, Landwirt und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Tübingen sprüht gelegentlich Glyphosat auf seine Äcker. Dort baut er unter anderem Weizen, Mais und Roggen an. Das Herbizid benutzt Kautt nur alle paar Jahre - wenn es keine andere Lösung gibt, sagt er dem SWR.
"Glyphosat ist für mich eine Feuerwehrmaßnahme. Aber es ist beruhigend, wenn man im Notfall ein Produkt zur Verfügung hat."
Die Bevölkerung sei schließlich auf die Landwirtschaft angewiesen, so Kautt. Große Ernteausfälle könne man nicht so leicht wegstecken. In der Vergangenheit habe man es mit Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft durchaus übertrieben, findet Kautt. Doch ein totales Verbot von Glyphosat ist für ihn nicht die Lösung.
Bisher gebe es keinen Ersatz für das Mittel, sagt auch der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Reutlingen, Gebhard Aierstock. Er versteht die schwierige Debatte, doch sowohl chemische als auch mechanische Bodenbearbeitung hätten ihre Nachteile.
![Glyphosat (Foto: SWR) Glyphosat](/swraktuell/baden-wuerttemberg/tuebingen/1717493184968%2Cglyphosat-140~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Glyphosat gut für den Boden?
Wenn man keine Pflanzenschutzmittel verwendet, muss man öfter Unkraut jäten, erklärt Landwirt Jörg Kautt. Das störe das Gleichgewicht des Bodens und seine unzähligen kleinen Tiere und Organismen, wie zum Beispiel Pilze, Bakterien und Asseln. Tiefgräber würden häufiger auf Flächen mit Glyphosat vorkommen als auf denen, über die regelmäßig der Schlepper fährt, so Kautt.
Experten warnen vor Unkrautvernichter
Die Tübinger Biologin und Giftexpertin Rita Triebskorn kann nicht nachvollziehen, dass die Europäische Union eine weitere Zulassung von Glyphosat in Betracht zieht. Für sie steht fest: Das Mittel ist schon jetzt omnipräsent. Man finde Glyphosat in Gewässern und Lebensmitteln. Langzeitfolgen für den Mensch seien noch nicht bekannt.
"Da greift meiner Meinung nach das Vorsorgeprinzip. Wenn man die Auswirkungen langfristig noch gar nicht kennt, dann kann man den Stoff nicht weitere zehn Jahre zulassen."
Außerdem sei nachgewiesen worden, dass Glyphosat Tieren schaden kann. Zum Beispiel dem Nervensystem von Bienen, warnt der Naturschutzbund. Solche Forschungsergebnisse seien von der EU nicht berücksichtigt worden, kritisiert auch Triebskorn. Sie rechnet damit, dass die Zulassung von Glyphosat verlängert wird. Sie hofft aber, dass die Zulassung statt der geplanten zehn Jahre für maximal fünf Jahre erteilt wird.