Lehrkräfte sollen selbst entscheiden

"Tauben im Gras": Lehrerin findet Kompromiss zu Abi-Pflichtlektüre in BW annehmbar

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Das Kultusministerium setzt im Streit um die Abi-Lektüre auf einen Kompromiss. Die Lehrerin, die die Debatte ausgelöst hat, kann damit leben - sieht aber dennoch ein Grundproblem.

Um den Roman "Tauben im Gras" als Abitur-Pflichtlektüre gibt es Streit, weil darin rassistische Begriffe vorkommen. Das Kultusministerium hat einen Kompromissvorschlag gemacht: Lehrkräfte sollen selbst entscheiden, ob sie das Buch behandeln wollen.

Lehrerin: Kein Schutz vor Diskriminierungserfahrungen

Zu dem Vorschlag hat sich jetzt auch Jasmin Blunt geäußert. Sie ist die Deutschlehrerin, die die Diskussion begonnen hatte. Den Kompromiss hält Blunt für annehmbar, findet allerdings, dass das Grundproblem damit nicht gelöst wird. Denn offenbar könne das Kultusministerium Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Lektüreunterrichts nicht vor Diskriminierungserfahrungen schützen, schreibt sie in einer Stellungnahme, die dem SWR vorliegt.

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Außerdem bemängelt sie, dass der Kompromiss erst für den Abiturjahrgang 2025 gelten soll. "Schülerinnen und Schüler in der Vorbereitung auf das Abitur 2024" hätten "nach wie vor Diskriminierung auszuhalten und einen Prüfungsnachteil in Kauf zu nehmen", so die Lehrerin.

Für die Abiturjahrgänge ab 2025 erwartet sie, dass die Lehrkräfte in Fortbildungen ihre rassismuskritische Perspektive auf den Roman verfestigen können. Das müsse zur Folge haben, "dass der Roman und somit das N-Wort nicht Einzug in die Klassenzimmer der beruflichen Gymnasien Baden-Württembergs halten wird".

Bedeutendes Stück Nachkriegsliteratur

"Tauben im Gras" von Wolfgang Koeppen erschien 1951 und gilt als eines der bedeutendsten Bücher der deutschen Nachkriegsgeschichte. Ab 2024 soll es Teil der Abiturprüfung an beruflichen Gymnasien sein. Für den darauffolgenden Abijahrgang, so sieht es der Kompromiss jetzt vor, sollen Lehrkräfte ein Alternativbuch benennen können. Über den Vorschlag soll als nächstes der Petitionsausschuss des Landtags abstimmen.

Lehrerin über "Tauben im Gras" entsetzt

Jasmin Blunt, die selbst aufgrund ihrer Hautfarbe Rassismus-Erfahrungen gemacht hat, hatte die Debatte über den Roman angestoßen, weil sie ihn unterrichten sollte. Als sie das Buch das erste Mal durchblätterte, war sie allerdings schockiert. Denn darin kommt das N-Wort etwa hundert Mal vor - ohne Fußnoten oder Erklärungen. Das Wort wird heute nicht mehr verwendet, weil es als rassistisch gilt.

Das baden-württembergische Kultusministerium hatte die Vorgabe des Buches als Pflichtlektüre damit begründet, dass das Thema Rassismus im Abitur behandelt werden solle. Der Roman sei für den Unterricht geeignet und man könne damit jungen Menschen klar vermitteln, was Rassismus sei. Die Lehrerin Jasmin Blunt hatte eine Petition gegen die Aufnahme des Buches als Plichtlektüre aufgesetzt. Im Anschluss war ein Streit über "Tauben im Gras" entbrannt.

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