Dem Fleischerhandwerk in Baden-Württemberg fehlt der Nachwuchs. Innungsmeister Joachim "Jogi" Lederer hatte eine Idee: Auszubildende aus Indien ins Ländle holen. Letztes Jahr kamen die ersten, jetzt sind 27 neue Azubis gelandet. Zwei davon hat Lederer in seine Metzgerei in Weil am Rhein (Kreis Lörrach) aufgenommen. Langfristig, so hofft er, sollen jährlich 100 indische Nachwuchskräfte nach Baden-Württemberg kommen.
Metzgermeister lobt seine neuen Auszubildenden aus Indien
Auf seine beiden neuen Azubis, den 22 Jahre alten Pratyay und den fünf Jahre älteren Rijo, setzt Metzgermeister Lederer große Hoffnungen. Und er ist angetan von deren Arbeitseinstellung: "Wir müssen die bremsen", sagt er, "das kennen wir aus deutschen Verhältnissen nicht." Auch in Sachen Pünktlichkeit seien die jungen Männer mehr als vorbildlich: "Das kann man sich gar nicht vorstellen."
Herzlicher Empfang am Frankfurter Flughafen - Zoll zuerst skeptisch
Die Idee, Azubis aus Indien zu holen, verläuft auch insgesamt bislang erfolgreich. Die Metzgerei Lederer holte im vergangenen Jahr erstmals zwei junge Inder als Azubis nach Weil am Rhein - eine Frau und einen Mann. Als nun weitere Azubis am Flughafen in Frankfurt am Main eintrafen, wurden sie von Joachim Lederer gemeinsam mit Vertretern des Deutschen Fleischer-Verbandes sowie einigen indischen Landsleuten abgeholt. "Am Flughafen hat der Zoll bei uns im Betrieb angerufen und nachgefragt, ob wir wirklich diese ganzen vielen junge Leute kriegen für unsere Ausbildung. Die konnten das gar nicht glauben."
Junge Inder werden von der Handwerkskammer online ausgewählt
Insgesamt kamen diesmal 27 junge Inder, acht für das Baugewerbe, alle übrigen für das Fleischerhandwerk. Die jungen Inder waren in einem Online-Bewerbungsverfahren von den deutschen Verbandsvertreten ausgewählt und durch Deutschkurse auf ihre Ausbildung in Deutschland vorbereitet worden. "Viele Leute von hier kamen und haben uns willkommen geheißen", freut sich Metzger-Azubi Rijo, "das war eine gute Erfahrung und wir waren sehr glücklich. Wir hätten nie erwartet, dass so viele Menschen kommen und uns willkommen heißen würden."
Am ersten Ausbildungstag zeigte der Metzgermeister Lederer seinen beiden neuen Mitarbeitern den Betrieb und gab ihnen gleich eine Perspektive mit: Im nächsten Frühjahr sollen sie an der Wärmetheke die ersten Kundenkontakte haben.
Weiler Metzgerei hat bereits zum zweiten Mal indische Azubis
Weil mit Pratyay und Rijo schon zum zweiten Mal in Folge Azubis aus Indien in der Metzgerei Lederer arbeiten, können sie von der Erfahrung und der Hilfe ihrer Landsleute aus dem ersten Ausbildungsjahrgang profitieren. Ihr Arbeitstag dauert von 8 bis 18 Uhr. Für die Fahrt zur Berufsschule nach Lörrach stellt die Metzgerei Lederer den Indern Fahrräder zur Verfügung.
Zu dem Vielen, was für die Azubis aus Asien neu ist, zählen auch die Produkte der Metzgerei. Wurst nach deutscher Art kennen sie nicht. Der 22-jährige Pratyay hat sich aber damit schon angefreundet und, kaum in Deutschland angekommen, schon ein Schinkenbrot zum Frühstück verspeist: "Ganz lecker, normal esse ich Hähnchen."
100 indische Azubis sollen das Handwerk künftig pro Jahr verstärken
Das Projekt mit den Azubis aus Indien zieht nun vom Kreis Lörrach aus immer weitere Kreise. Ziel sei es, sagt Innungsmeister Lederer, dass pro Jahr rund 100 Azubis aus Indien nach Baden-Württemberg kommen. Ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Herkunftsland braucht es dabei nicht, sagte der Präsident der Handwerkskammer Freiburg, Johannes Ullrich, dem SWR bereits zu Jahresbeginn: "Nach der Tradition bekommt der älteste Sohn so viel Geld, dass er ins Ausland gehen kann, um dort zu arbeiten."