Sicher durch den Tunnel

Wie sicher ist der Gotthardtunnel - und was hilft gegen Angst im Tunnel?

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Autor/in
Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau.

Mitte September fielen im Gotthardtunnel kleinere Betonteile auf die Straße, einen Monat vorher entgleiste ein Güterzug. Wie sicher ist es, durch Tunnel zu fahren? Und welche Tipps gibt es gegen Angst im Tunnel?

Wer kennt es nicht: Das erleichternde Gefühl, wenn Licht auftaucht am Ende des Tunnels. Nachrichten über Unfälle im Tunnel, oder dass der Gotthardtunnel gesperrt werden musste, weil eine Zwischendecke einen Riss bekommen hatte oder weil ein Zug entgleist ist, tragen bei vielen nicht zur Entspannung bei. Wie sicher ist es also durch den Gotthardtunnel zu fahren. Immerhin fahren rund 18.000 Fahrzeuge täglich durch den Tunnel. Und welche Tipps gibt es gegen die Angst im Tunnel?

Wie sicher ist der Gotthardtunnel?
Woher kommt die Angst im Tunnel?
Tipps gegen Angst im Tunnel
Alternativrouten zum Gotthardtunnel

Wie sicher ist der Gotthardtunnel?

Seit dem großen Unfall im Gotthardtunnel im Jahr 2001, bei dem elf Menschen ums Leben gekommen waren, wurde der Gotthardtunnel immer sicherer gemacht. Laut Thomas Rohrbach, Mediensprecher des Schweizer Bundesamt für Straßen ASTRA, sind auf beiden Seiten des Gotthardtunnels 24 Stunden am Tag hochspezialisierte Feuerwehrkräfte in Bereitschaft. Diese könnten dann im Notfall schnell zur Stelle sein und eingreifen.

Der Gotthardtunnel hat ein Belüftungssystem, das zum einen die verbrauchte Luft absaugt und frische Luft zuführt. Zum anderen hat das Belüftungssystem auch spezielle Brandabluftklappen, die in der Zwischendecke eingebaut sind. Brennt es, saugen diese Klappen die giftige Luft im entsprechenden Abschnitt ab. Der Tunnel kann sich nicht mit Rauchgasen füllen. Dieses System gibt es laut ASTRA nicht nur im Gotthardtunnel, sondern in vielen Tunneln, die länger als 500 Meter sind.

SWR4-Moderator Robert Wolf im Gespräch mit Reporterin Katharina Seeburger:

Zufahrtssystem verhindert Stau im Tunnel

Die Zufahrt in den Gotthardtunnel wird über eine Ampel reguliert. Pro Stunde dürfen nur 1.000 Fahrzeuge und Richtung in den Gotthardtunnel reinfahren, LKWs zählen als drei Fahrzeuge. Das führt zwar immer wieder zu Stau vor dem Tunnel, aber dafür nicht im Tunnel. "Es ist sicherer, wenn Sie vor dem Tunnel an der frischen Luft warten und dann in einem Zug möglichst rasch durch den Tunnel fahren. Das gefährlichste, was uns passieren kann, ist, dass der Verkehr im Tunnel zum Stehen kommt", erklärt Thomas Rohrbach.

Bis 2032 soll der Gotthardtunnel dann noch sicherer werden. Ab da sollen zwei Gotthardröhren in Betrieb sein. Dann gibt es keinen Gegenverkehr mehr in dem 17 Kilometer langen Tunnel.

Fluchtwege im Gotthardtunnel

Die wichtigste Änderung, die nach dem Unfall 2001 im Gotthardtunnel eingeführt wurde, ist laut ASTRA die Anzeige der Fluchtwege. Grüne Tafeln an der Tunnelwand zeigen, in welche Richtung der nächste Notausgang liegt. "Die Menschen im Tunnel müssen wissen, wohin sie flüchten sollen", sagt Thomas Rohrbach. Inzwischen seien alle Tunnel in der Schweiz mit diesen Anzeigen ausgestattet.

Des Weiteren wurden Sicherheitsstollen und Schutzräume gebaut. Alle 250 Meter gibt es im Gotthardtunnel separat belüftete Schutzräume. Über diese gelangen die Menschen in den Sicherheitsstollen und können von dort, falls nötig, den Tunnel verlassen. Auch die anderen Tunnel in der Schweiz wurden oder werden derzeit mit Sicherheitsstollen nachgerüstet. Insgesamt hat die Schweiz in den vergangenen Jahren laut Thomas Rohrbach rund 1,6 Milliarden Schweizer Franken in die Tunnelsicherheit investiert. "Schweizer Tunnel sind auf einem hohen Sicherheitsniveau", sagt er.

Unfallzahlen im Gotthardtunnel sinken

Dass das Fahren durch den Gotthardtunnel sicherer geworden ist, zeigen auch die Unfallzahlen: Die Zahl der Unfälle im Gotthardtunnel hat seit dem großen Unfall im Jahr 2001 stark abgenommen:

Und das bei 18.000 Fahrzeugen, die täglich durch den Gotthardtunnel fahren. Auch gibt es immer weniger Verletzte und Tote bei Unfällen im Gotthardtunnel.

Sensoren überwachen Erschütterungen

Doch was ist mit den Spannungsumlagerungen im Gotthard, durch die ein Riss in der Zwischendecke entstanden war? Der bauliche Zustand des Tunnels kann laut Thomas Rohrbach vom Schweizer Bundesamt für Straßen als Schadensursache ausgeschlossen werden. Zudem ist der Gotthardtunnel mit Sensoren ausgerüstet, die Erschütterungen messen. Denn in der Nähe des Tunnels finden derzeit die Bauarbeiten für die zweite Gotthardröhre statt. Werden zu starke Erschütterungen gemessen, wird überprüft, ob es zu Schäden gekommen ist, sagt Thomas Rohrbach vom ASTRA.

Mitte September hatte die letzte Sprengung aber rund zwei Tage vor dem Vorfall stattgefunden. Was genau also die Ursache für die Spannungsumlagerungen waren - ob es ein natürliches Erdbeben oder ein durch Bauarbeiten ausgelöstes war - wird immer noch untersucht.

Woher kommt die Angst im Tunnel?

Auch wenn die Zahlen und die Einschätzung vom Schweizer Bundesamt für Straßen zeigen, dass Angst im Tunnel unbegründet ist - viele Menschen fühlen sich im Tunnel unwohl. Laut Renate Siegenthaler betrifft das sogar jeden zweiten. Sie ist Fahrlehrerin und Psychologin und bietet Therapien für Menschen an, die Angst in Tunneln und beim Autofahren haben.

Für Renate Siegenthaler ist die Angst im Tunnel durch die Evolution erklärbar. Angst ist aus ihrer Sicht erstmal etwas Gutes, eine Schutzfunktion. "Die Angst will den Menschen vor Gefahren schützen", sagt sie. Unwohlsein und Angst in Tunneln erklärt sie sich mit der Zeit, als der Mensch noch in Höhlen gewohnt hat. "In den Höhlen wohnen nun mal auch noch andere Gefahren. Die Höhle kann ja von einem wilden Tier bewohnt sein", sagt sie.

Zu sehen ist ein Tunnel. Er ist relativ dunkel, ein Auto fährt auf uns zu. Das einzige Licht scheint von dessen Scheinwerfern zu kommen.
Viele Menschen fühlen sich im Tunnel unwohl. Es ist dunkel, es ist eng. Doch es gibt Tipps, die gegen schlechte Gefühle helfen können. Dieser Tunnel ist auf der Insel Usedom.

Wer da unvorsichtig in die Dunkelheit gegangen ist, hat das womöglich nicht überlebt. "Wenn man sich das überlegt, ist das erstmal gesund und natürlich, in der Dunkelheit und Enge, Ängste zu spüren." In Tunneln sei das aber unnötig, denn: "Ein Tunnel ist nicht per se gefährlich", sagt Renate Siegenthaler.

Tipps gegen Angst im Tunnel

Wer sich in Tunneln unwohl fühlt, soll unbedingt weiterhin durch Tunnel fahren, rät Therapeutin Renate Siegenthaler. Damit man sich dabei wohler fühlt, hat sie folgende Tipps:

  1. Schöne Musik anhören. Denn Musik ist ein Emotionsträger und kann helfen, ein gutes Gefühl zu bekommen.
  2. An etwas Schönes denken - zum Beispiel an den Urlaub, zu dem man gerade unterwegs ist.
  3. Mit Mitfahrern sprechen und sich dadurch ablenken.
  4. Einen Realitätscheck machen. Wie wahrscheinlich und plausibel sind die Ängste und Gedanken? Gerade, wenn man längere Zeit in einem Tunnel unterwegs ist, wird das Gehirn wenig angesprochen.

Renate Siegenthaler ist das selbst mal bei einem Stau in einem Züricher Stadttunnel passiert. Sie hatte damals plötzlich Angst, dass sie im Tunnel ersticken könnte, weil die anderen ihre Motoren laufen lassen. Sie hat damals schnell reagiert und die aufkommenden Angstgedanken mit der Realität überprüft: "Hör auf, dich in irgendeinen Mist reinzusteigern. Die Leute stellen im Tunnel normalerweise nie den Motor ab. Es kann nicht sein, dass man da erstickt. Wenn das so wäre, würde das in der Zeitung stehen. Es gibt Belüftungssysteme, die das verhindern", erzählt sie über ihren persönlichen Realitätscheck.

ADAC-Unternehmenssprecher Andreas Hölzel rät außerdem zu Konzentrationsübungen, bevor man in den Tunnel fährt. "Dass man versucht, diesem leichten Unbehagen entgegenzusteuern, in dem man sich auf die Fahrt konzentriert und versucht, die Sorge weg zu atmen", sagt Andreas Hölzel.

Alternativrouten zum Gotthardtunnel

Wer sich dennoch nicht traut, durch den Gotthardtunnel zu fahren, kann natürlich auch ausweichen. Der ADAC empfiehlt hier zum einen den Gotthardpass - allerdings nicht, wenn man mit Camping-Anhängern unterwegs ist. Außerdem ist der Pass meist zwischen November und Mai witterungsbedingt gesperrt.

Auch eine Möglichkeit ist die Strecke über den San-Bernardino-Pass. Dieser ist laut ADAC aber für Gespanne ebenfalls ungeeignet, erfordert Bergerfahrung und Fahrzeuge dürfen maximal 2.30 Meter breit sein. Abhängig von der Witterung könne der San-Bernardino-Pass auch mal gesperrt sein. Achtung: Es gibt auch hier einen San-Bernardino-Tunnel. Also nicht aus Versehen Richtung Tunnel fahren!

Eine weitere Alternative zum Gotthardtunnel ist der Simplon-Pass, zwischen dem Schweizer Brig und Iselle di Trasquera in Italien. Der ist ganzjährig befahrbar und bietet sogar einen Autozug an: Wer nicht selbst über den Pass fahren möchte, kann sein Auto auf einen Zug laden lassen. Die Fahrzeit beträgt hier etwa 20 Minuten.

Weitere Alternativrouten hat der Touring Club Schweiz hier zusammengestellt.

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