Hilfe für Bedürftige in Freiburg

Wenn Menschen Kleidung spenden: Gute Tat oder Igitt?

Stand
Autor/in
Paula Zeiler
Frau mit Brille und mittellangen Haaren trägt eine Bluse.

Wer Dinge spendet, tut anderen etwas Gutes. Manche Spender verwechseln Kleiderläden aber mit einem Recyclinghof. Und das macht tonnenweise Müll. Ein Besuch vor Ort in Freiburg.

Im "Kleiderladen" im Freiburger Süden können bedürftige Menschen kostenlos einkaufen. Es gibt Hosen, Kinderkleidung oder Vorhänge – alles, was Menschen brauchen, um in Würde leben zu können. Aktuell hat der Laden der Vereinigung Freiburger Sozialarbeit einen vollen Keller. Besonders von einer Sache gibt es zu viel: Altkleider, die nur noch auf ihre Fahrt zum Recyclinghof warten.

Im Keller vom Kleiderladen stapeln sich die Müllsäcke mit Altkleidern, die niemand mehr tragen kann.
Seit drei Monaten ist Marion Kaune stellvertretende Leiterin im "Kleiderladen".

Einkaufen im alten Schlecker: von Arbeitshose bis Zuckerdose

Der "Kleiderladen" findet sich in einer alten Schlecker-Filiale, darauf deuten immer noch die kleinen Einkaufswagen mit dem Logo des Drogeriemarkts hin. Besuch an diesem Mittwoch: Die ehrenamtlichen Verkäuferinnen öffnen den Laden um Punkt 14 Uhr.

Innerhalb weniger Minuten sind alle Einkaufswagen belegt, denn es dürfen immer nur neun Kundinnen und Kunden gleichzeitig stöbern. Einige Kundinnen und Kunden haben an diesem Tag mehr als zwei Stunden auf die Öffnung gewartet.

Die Frauen machen alles für die Leute hier, und schöne Sachen gibt es auch.

Wer eine Marke vorweisen kann, bekommt eine halbe Stunde Zeit für den Einkauf. Dazu gehören alleinerziehende Mütter mit niedrigem Einkommen, junge Männer aus Afghanistan oder so mancher Studi. Jährlich kommen 10.000 bis 15.000 Menschen in den "Kleiderladen", viele davon regelmäßig.

Voller Kleiderladen dank vieler Spenden

Bis auf den einen oder anderen Kinderschuh ist im "Kleiderladen" alles gespendet. Angenommen werden die Waren außerhalb der Öffnungszeiten in einem Container und während der Öffnungszeiten an der Rückseite des Ladens. An diesem Tag nimmt Marion Kaune die Spenden entgegen. Manchmal muss sie da ganz genau hinschauen. "Masken finde ich immer noch in den Jackentaschen, manchmal auch einen Euro, der kommt dann in die Spendendose", erzählt die Freiburgerin lachend.

Ich warte noch darauf, dass ich mal einen Lottoschein finde oder einen 200-Euro-Schein.

Im Keller vom Kleiderladen stapeln sich die Müllsäcke mit Altkleidern, die niemand mehr tragen kann.
Alle zwei Wochen werden die Altkleider abgeholt und zum Recyclinghof gebracht.

Manche Spenden sind ein Fall für den Müll

Allein an diesem Mittwoch wandern vier große Müllsäcke - sprich: 40 Kilo - in die hinterste Kellerecke. Dort stapeln sich die Müllsäcke mit gespendeten Klamotten, die niemandem mehr Freude bereiten, weil sie Löcher oder Flecken haben. Die Ehrenamtlichen und Angestellten vom "Kleiderladen" wissen, dass besonders die Spenden, die außerhalb der Öffnungszeiten eingehen, mit Vorsicht zu genießen sind.

Es gibt manchmal Hosen, wo man noch Spuren sieht oder ein Kondom findet. Aber etwas ganz Ekeliges gibt es selten.

Die Altkleider aus dem Keller werden alle zwei Wochen abgeholt. Addiert seien dies sicherlich mehrere Tonnen Kleidung monatlich, schätzt das Team des "Kleiderladens". Eine genaue Statistik gibt es nicht. Sicher ist: Die unbrauchbaren Kleider machen zusätzlich Arbeit, denn alles wird per Hand aussortiert. Auch ein Oberteil mit ausgeblichenem Kragen oder Tintenfleck landet im Sack.

Es ist total süß, wenn die Leute kommen und sagen, dass alles gewaschen und gebügelt ist.

Kleidung sollte sauber und heile sein

Wenn es nach den Ehrenamtlichen und Angestellten des "Kleiderladens" geht, sollte die gespendete Kleidung sauber und heile sein, sodass man sie selbst noch anziehen würde, wenn man wollte. "Man sollte nicht denken: Die ist doch noch gut für irgendjemanden", sagt Kaune.

Im Keller vom Kleiderladen stapeln sich die Müllsäcke mit Altkleidern, die niemand mehr tragen kann.
Die hochwertige Kleidung wird in der Boutique "Outfit" verkauft und finanziert den "Kleiderladen".

Nur 50 Meter entfernt vom "Kleiderladen" befindet sich der Second-Hand-Laden "Outfit". Im Schaufenster: Seidentücher und Ketten, wie in einer feinen Boutique. Im "Outfit" werden die hochwertigen und teuren Spenden verkauft - die Preisspanne liegt bei 15 bis 85 Euro.

Es ist ein Kreislauf: Die Erlöse aus dem Second-Hand-Laden "Outfit" gehen wieder an den "Kleiderladen". Das sei wichtig, denn in den vergangenen Monaten habe der "Kleiderladen" immer mehr Kundinnen und Kunden bekommen, berichtet Kaune.

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.