Erörterungstermin in Kehl

Sorge um PFAS in Brennstoffen für Biomasseheizkraftwerk

Stand
Autor/in
Christine Veenstra

In einem Biomasseheizkraftwerk in Kehl will der Papierhersteller Koehler Klärschlamm und Abfälle der Papierindustrie verfeuern. Vor Ort fürchtet man eine höhere Schadstoffbelastung - unter anderem durch PFAS.

Die Anlage, um die es geht, ist einigen Menschen in Kehl (Ortenaukreis) seit Jahren ein Dorn im Auge. Denn schon heute dürfen darin Sondermüll-ähnliche Stoffe verbrannt werden: Althölzer, die mit umweltschädlichen Mitteln behandelt sind. Jetzt hat die Betreiberfirma, ein Unternehmen der Koehler-Gruppe, beantragt, neue Brennstoffe einsetzen zu dürfen und damit werden neue Befürchtungen wach. Bei einem Erörterungstermin im Kehler Bürgersaal wurden einige davon thematisiert.

Im Bürgersaal des Kehler Rathauses ging es mehr als vier Stunden lang um die Pläne für das Kehler Biomassheizkraftwerk.
Im Bürgersaal des Kehler Rathauses ging es mehr als vier Stunden lang um die Pläne für das Kehler Biomassheizkraftwerk.

Die Kehler Bürgerinitiative Umweltschutz hatte zusammen mit dem BUND-Umweltzentrum Ortenau im laufenden Genehmigungsverfahren Einwände gemacht. Sie fürchtet unter anderem, dass in Folge der Umstellung auf andere Brennstoffe gesundheitsschädliche Chemikalien der Gruppe PFAS in die Umwelt gelangen könnten. Bei PFAS handelt es sich um per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, also eine Gruppe von künstlich hergestellten Chemikalien, die sich im Laufe der Zeit im menschlichen Gewebe und in der Umwelt anreichern. Klaus Freudenberger, Sprecher der Initiative sagte, er sei hellhörig geworden, weil Papierschlämme bei der Trinkwasserverseuchung im Nachbarkreis Rastatt eine große Rolle gespielt hätten. "Da wird man natürlich aktiv und schaut sich die Unterlagen auf das Thema hin an und da war eben gar nichts dazu drin."

Keine Grenzwerte und kein Messverfahren

Wie beim Erörterungstermin deutlich wurde ist für die Genehmigung der neuen Brennstoffe nicht entscheidend, ob sie PFAS enthalten. Was oben rauskommt – also das Abgas, muss Grenzwerte nach dem Immissionsschutzgesetz einhalten. Doch auch da spielt PFAS bisher keine Rolle. Anders als beim Boden- und Gewässerschutz gibt es im Bereich der Luftreinhaltung bisher keine Grenzwerte für diese Stoffgruppe – und auch kein Messverfahren.

Dass ein Teil der künftigen Brennmaterialien PFAS enthalten kann, räumten Vertreter der Koehler Gruppe beim Erörterungstermin ein: zum einen Klärschlämme, die aus der Ortenau kommen, zum anderen Papierschlämme des Unternehmens Link aus Kappelrodeck. Für Papierschlämme und Reststreichmassen aus den eigenen Werken soll das aber nicht gelten. Birgit Hagebölling, Geschäftsführerin der Tochterfirma BEB Bio Energie Baden, erklärte: wir haben null an PFAS. Weil wir diese Chemikalien im Einsatz überhaupt nicht nutzen, haben wir auch nichts in den Papierfaserschlämmen.

Eine Frage der Definition

An dieser Beteuerung blieben am Ende allerdings Zweifel. Analysen von Papierschlämmen der Koehler Gruppe deuten laut Günter Steinhäuser, einem Experten des BUND, darauf hin, dass doch PFAS verwendet werden könnten. "Ich sage jetzt bestimmt nicht die Firma lügt. Es ist aber auch noch nicht klar, ob das Verständnis davon, was PFAS sind, bei der Firma wirklich so umfassend ist wie bei uns." Das Ganze sei eine Definitionsfrage, aber diese Definition sei entscheidend dafür, ob man von sich sagen könne, man verwendet PFAS, ja oder nein.

Auch nach vierstündiger Erörterung blieben also Fragen offen. Trotzdem zog  Verhandlungsleiterin Sandra Gabel eine positive Bilanz. Es sei ein intensiver aber vor allem auch sehr sachlicher Erörterungstermin gewesen. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Alles was gesagt worden ist, soll jetzt erstmal in Betracht gezogen werden.

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