Mahnmal für deportierte Jüdinnen und Juden an der Wiwili-Brücke, der sogenannten Blauen Brücke, in Freiburg

Schmiererei an Wiwili-Brücke

Jüdischer Gedenkort in Freiburg geschändet: Wer steckt dahinter?

Stand
Autor/in
Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg

Das Mahnmal für die deportierten Juden an der Freiburger Wiwili-Brücke ist erneut geschändet worden. Möglich ist eine Verbindung zur antisemitischen QAnon-Bewegung.

Die Schändung des Mahnmals an der Freiburger Wiwili-Brücke (auch "Blaue Brücke" genannt) ist am Sonntag über Soziale Netzwerke bekannt geworden. Ein unbekannter Täter schrieb mit einem schwarzen Stift das Geburtsdatum Adolf Hitlers an die Mauer des Gedenkorts. Die Polizei Freiburg und der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg stehen wegen des Falls nach eigenen Angaben zurzeit in engem Kontakt. Ein Sprecher der Polizei Freiburg hat auf SWR-Nachfrage bestätigt, dass die Ermittlungen aufgenommen wurden. Der Fall werde bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

"Es kann sich um klassische Neonazis, aber auch um Anhänger der QAnon-Verschwörungssekte handeln."

Verbindung zur antisemitischen QAnon-Bewegung nicht ausgeschlossen

Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, schließt eine Verbindung zur antisemitischen QAnon-Bewegung nicht aus: "Die in Stuttgart gegründeten Querdenker sowie der Sänger Xavier Naidoo haben diese Fixierung auf antisemitische Daten leider weit verbreitet, auch in Baden."

Mahnmal für deportierte Jüdinnen und Juden an der Wiwili-Brücke, der sogenannten Blauen Brücke, in Freiburg
Mahnmal für deportierte Jüdinnen und Juden an der Wiwili-Brücke, der sogenannten Blauen Brücke, in Freiburg

Auch Xavier Naidoo verbreitete QAnon-Theorie

Die Anhänger der QAnon-Bewegung berufen sich auf antisemitische und antifeministische Verschwörungsmythen. Laut dieser soll Donald Trump an einem 20. April - dem Geburtsdatum Adolf Hitlers - alle entführten Kinder befreien, die von der angeblichen, jüdisch-satanistischen Elite entführt wurden. Diese Verschwörungsmythen haben ihren Ursprung im süddeutschen Buchdruck des 15. Jahrhunderts. Damals wurde behauptet, dass Frauen und Juden beim sogenannten "Hexensabbat" Kinder entführen würden, um aus ihren Körpern "Hexensalbe" zu brauen.

Freiburg Hotspot für Antisemitismus

Blume erlebt Freiburg als Hotspot von Antisemitismus. Er sagte im Gespräch mit dem SWR: "In Freiburg läuft die Auseinandersetzung seit Jahren besonders heiß. Dankenswerterweise sind die Stadt, die jüdischen Gemeinden und Teile der Bürgerschaft in Freiburg gemeinsam stark dagegen. Und wir dürfen auch jetzt nicht nachlassen.“ Eva Opitz, die Vorsitzende des Freundeskreis Freiburg-Tel Aviv-Yafo, kritisiert zudem, dass der Brunnen auf dem Platz der Alten Synagoge wieder als Schwimmbad genutzt wird.

"Die antisemitische Schmiererei am Mahnmal an der Blauen Brücke erfüllt uns mit Zorn und Sorge."

Ziel für Hass: Mahnmal für die deportierten Juden aus Freiburg

Das Mahnmal an der Blauen Brücke war in der Vergangenheit mehrmals Ziel von Hass gegen Juden. 2017 etwa sprayte ein 21-jähriger Mann die Worte "Arbeit macht frei" an die Mauer des Mahnmals. Der bronzene Mantels mit Davidstern gedenkt der deportierten Jüdinnen und Juden in das Konzentrationslager Gurs in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1940.

"Solche Schändungen gibt es nicht mehr nur auf Friedhöfen, also weit weg, sondern auch in der Mitte der Stadt."

Anstieg von Hasskriminalität

Antisemitismus sei aber kein Freiburger Phänomen. Laut Blume ist wegen des Internets in den vergangenen zehn Jahren die Hasskriminalität angestiegen. Die Zahl der allgemeinen Straftaten sei zwar zurückgegangen. Leute, die zu Hassverbrechen tendierten, radikalisierten sich aber im Netz, so Blume.

Schändung ist eine antisemitische Straftat

Die Schmierereien am Mahnmal sind nach Einschätzung des Beauftragten Schändungen und eine antisemitische Straftat im Kontext von Hasskriminalität. Er stehe dazu mit der Polizei in enger Verbindung.

In den vergangenen Jahren Schmierereien festgestellt

Laut Polizei wurde im Februar eine Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angezeigt. Die Schmiererei mit einem kleineren Hakenkreuz hätten Polizeibeamte des Reviers Freiburg-Nord festgestellt, dokumentiert und bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Die Stadt Freiburg sei sofort benachrichtigt worden, um die Schmiererei entfernen zu lassen. Es sei Anzeige gegen Unbekannt erstattet worden.

Umgang mit Antisemitismus im öffentlichen Raum

Auf SWR-Nachfrage hat ein Sprecher der Polizei mitgeteilt, dass während des Medienunterrichts an Schulen verfassungsfeindliche Inhalte besprochen würden, darunter auch antisemitische. Weiterhin pflege das Polizeipräsidium Freiburg ein gutes Verhältnis zur jüdischen Gemeinde in Freiburg und stehe mit dieser im regelmäßigen Austausch. "Die Bekämpfung des Antisemitismus hat für uns eine hohe Priorität", heißt es wörtlich in der schriftlichen Antwort.

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