Femizidprozess am Landgericht Waldshut

Hohe Haftstrafen für mutmasslichen Mörder gefordert

Stand
Autor/in
Petra Jehle
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Jasmin Bergmann
Jasmin Bergmann

Vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen wird gegen einen Mann verhandelt, der seine Ehefrau getötet haben soll. Das Mordmotiv: Besitzansprüche nach der Trennung.

Im Prozess um den Tod an einer Frau in Bonndorf im Schwarzwald (Kreis Waldshut) wurden am Mittwochmittag die Plädoyers gehalten. Die beiden Anwältinnen der Nebenklage, der Staatsanwalt und der Verteidiger kamen in ihren Bewertungen zum Ergebnis, dass die Tat als Mord bewertet werden soll. Es sei eine heimtückische Tat auf ein schutz- und wehrloses Opfer gewesen, so die einhellige Meinung.

Der 50 Jahre alte Angeklagte soll im Juni dieses Jahres in Bonndorf seine Ehefrau auf offener Straße vor ihrem Wohnhaus abgepasst und mit Messerstichen tödlich verletzt haben. Die beiden gemeinsamen Kinder - neun und zwölf Jahre alt - sollen die Tat vom Nachbarhaus mitangesehen haben. Der Grund für die Tat ist laut Anklage, dass die 35 Jahre alte Frau sich von ihm getrennt hatte.

Getrieben von Eifersucht, Kontrollzwang und Besitzanspruch

Unterschiede gibt es vor allem bei der Bewertung der Schuldfähigkeit des Angeklagten und damit bei der Strafzumessung. Ein Gutachter hatte bei dem Angeklagten eine psychische Störung diagnostiziert. Gewalt in der Kindheit und Jugend, jahrelange Spiel- und Alkoholsucht, Suizidversuche, Depressionen - der Angeklagte sei nicht in der Lage, mit Streit und Stress angemessen und gewaltfrei umzugehen. Zur Tatzeit seien seine Gedanken nur noch darum gekreist: Dass kein anderer Mann seine Frau haben dürfe, wenn er sie nicht haben kann. Eine verachtenswerte Tat, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.

Zweifel an der Schuldfähigkeit

Der Gutachter hat dem Gericht empfohlen, aufgrund der Zweifel an der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten, von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Wird diese anerkannt, bewegt sich der Strafrahmen bei einer Haftstrafe zwischen drei und 15 Jahren. Die Staatanwaltschaft fordert aufgrund der schweren Folgen der Tat für die Kinder und Angehörigen des Opfers und der Vorstrafen sowie der Tatumstände eine Haftstrafe von 14 Jahren. Die Verteidigung hält eine Strafe von elfeinhalb Jahren für angemessen. Die Anwältinnen der Familie sehen nach eigenen Angaben keine Anzeichen dafür, dass der Angeklagte nicht voll schuldfähig sei. Er habe seine Tat angekündigt, sie umgesetzt und dabei ruhig und kontrolliert agiert. Sie fordern für den 50-Jährigen lebenslänglich.

Angeklagter bricht sein Schweigen

Der Angeklagte hatte sich zur Tat vor Gericht nicht geäußert. Er hatte zu Prozessbeginn über seinen Anwalt erklären lassen, dass er die Verantwortung für den Tod seiner Frau übernehme. Erst am Ende ergriff er das Wort und erklärte in drei kurzen Sätzen: Es tue ihm leid und er hoffe irgendwann seine Kinder wieder in die Arme nehmen zu dürfen. Das Urteil soll am 28. November 2023 fallen.

Ein mutmaßlicher Femizid

Die Ehe war laut Zeugenaussagen geprägt von Bedrohungen und Handgreiflichkeiten. Im März trennte sich die Frau von ihrem Mann. Aus Angst hatte sie kurz vor der Tat bei Gericht ein Kontaktverbot gegen ihn beantragt. Der Mann habe die Frau als seinen Besitz betrachtet und die Trennung nicht akzeptieren wollen, meinte die Staatsanwaltschaft. Pro Tag soll er sie bis zu zehn Mal angerufen und ihr 20 Nachrichten geschickt haben. Außerdem habe er gedroht, ihre Wohnung zu betreten.

In solchen Fällen wird in Fachkreisen von Femizid gesprochen. Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe geht davon aus, dass in Deutschland an jedem dritten Tag eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet wird.

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