Die neue Mehrwegpflicht, die aus Umweltschutzgründen den Verpackungsmüll verringern soll, gilt für alle Betriebe mit mehr als 80 Quadratmetern und mehr als fünf Mitarbeitenden. In Deutschland entstehen laut Verbraucherzentrale Berlin 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag. Die Entscheidung, ob sie Take-away in der Einweg- oder der Mehrweg-Verpackung nutzen, liegt aber letztlich bei den Kunden. Das kritisiert die Deutsche Umwelthilfe und wünscht sich stattdessen lieber eine Steuer auf klimaschädliche Einwegverpackungen. Auch unter Lörracher Gastronomen ist die neue Regelung umstritten.
Beim "Coffee to go" funktioniert das Mehrwegsystem bereits gut
Tim Heuser vom Lörracher "Café Pape" hat mit dem, was nun gesetzlich vorgeschrieben ist, Erfahrung. Bereits in den vergangenen eineinhalb Jahren hat er seinen Kunden freiwillig eine Mehrweg-Alternative angeboten. Ein Drittel der Kundschaft, so schätzt er, wählt beim "Coffee to go" nicht den Pappbecher, sondern den wiederverwendbaren Becher aus Kunststoff - und zahlt dafür einen Euro Pfand. Für Tim Heuser rechnet sich die Investition.
Mehrweg in der Gastronomie: Umweltfreundlich oder "nervige Erziehung"?
Das Café Pape nutzt Verpackungen von "Recup", einem etwa auch in Freiburg genutztem Pool-Mehrwegsystem. Kunden können ihre Kaffeebecher dabei in einem Café holen und sie auch bei einem anderen Betrieb, der sich diesem System angeschlossen hat, wieder abgeben. Ob es gut ist, dass Cafés, Restaurants oder Fastfood-Ketten auch Mehrweg-Verpackungen anbieten müssen, dazu gehen die Meinungen bei Kunden und Passanten in Lörrach auseinander. Eine Frau hält das für gut, weil umweltfreundlich; eine andere empfindet das als "nervige Erziehung" und ein dritter nutzt kein Take-away und braucht das Mehrweg-Angebot für sich nicht.
Mehrweg darf die Kunden nicht mehr kosten
Der Lörracher Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Mike Kiefer vom Gasthaus "Löwen" in Zell im Wiesental, sieht die Mehrwegpflicht für seine Branche kritisch: Vor allem, weil Mehrweg die Kunden laut Gesetz nicht mehr kosten darf. Denn, anders als bei den tausendfach wiederverwendbaren Kaffeebechern, sind Mehrwegverpackungen für Speisen teurer und haben eine kurze Lebensdauer, wenn darauf etwa mit Messern geschnitten wird. Da sind sich Mike Kiefer und Tim Heuser vom Café Pape einig.
Mehrgängige Menüs in Mehrwegbehältern?
Die Lörracher Gastwirtin Kathrin Bucher betreibt mit der "Villa Feer" ein Restaurant mit gehobener Küche und ist wegen der Mehrwegpflicht alarmiert. Denn in der Corona-Zeit hat sie mit großem Erfolg mehrgängige Menüs in Einweg-Boxen verkauft - auch jetzt an Silvester: "Es sind jetzt in der Silvesterbox 26 einzelne kleine Schälchen. Wenn man das in Mehrweg machen muss, allein schon der Energieaufwand zum nachher Waschen - ob das umweltfreundlicher ist? Glaube ich nicht!"
Personalmangel und Energiekosten machen den Wirten zu schaffen
Für Kathrin Bucher, die normalerweise in ihrem Restaurant Gäste bewirtet und das Menü in der Box nur zu besonderen Anlässen anbietet, kommt die Mehrwegpflicht zur "Unzeit". Sie verweist darauf, dass die Gastronomie momentan wegen Personalmangels und steigender Energiepreise ohnehin zu kämpfen hat: "Hoffentlich ist es nicht das Ende von unserer Box."