Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald sucht einen neuen Chef oder eine neue Chefin. Dorothea Störr-Ritter, vor 16 Jahren zur ersten weiblichen Landrätin Baden-Württembergs gewählt, tritt nicht mehr an.
Was macht eigentlich ein Landrat, eine Landrätin?
Wie wird der Landrat, die Landrätin gewählt?
Wer wird schon länger als Bewerber gehandelt?
Warum hat die Wahl für Streit im Kreistag gesorgt?
Was macht der Landrat oder die Landrätin?
Der Landrat ist Vorsitzender des Kreistags und Chef der Verwaltung des Landratsamtes. Im Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald arbeiten rund 1.700 Menschen. Die Behörde arbeitet mit dem Geld, das von allen Kommunen in Form der Kreisumlage dem Landkreis gegeben wird. 2023 waren das mehr als 400 Millionen Euro. Zum Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gehören 50 Städte und Gemeinden. Das Gebiet erstreckt sich über den Kaiserstuhl, das nördliche Markgräflerland, das Dreisamtal und Gebiete des Hochschwarzwalds.
Das Landratsamt übernimmt Aufgaben vom Staat oder den Kommunen. Zum Beispiel kümmert sich die Behörde um die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten, den Bau von Straßen, die Abfallentsorgung, kreiseigene Schulen oder den öffentlichen Nahverkehr. Viele kennen das Landratsamt auch, weil es Führerscheine ausstellt oder weil man hier das Auto anmelden kann.
Wie diese Verwaltung organisiert ist, wie digital sie ist und wo sie Schwerpunkte setzt, das hängt vom Landrat oder der Landrätin ab. Große Entscheidungen kann er oder sie aber nicht im Alleingang treffen. Da braucht er oder sie die Zustimmung des Kreistags.
Wie läuft die Wahl ab?
In Baden-Württemberg wird der Landrat vom Kreistag gewählt. Und der wird - zuletzt 2019 - direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Als Landrat und Landrätin für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald bewerben kann sich bis einschließlich 2. Oktober theoretisch jede und jeder Deutsche zwischen 30 und 68 Jahren. Anschließend entscheidet aber ein Ausschuss des Kreistags, welche Bewerberinnen und Bewerber zur Wahl zugelassen werden.
Diese Auswahl landet dann noch mal im Landesinnenministerium. Dieses kann Bewerber im Vorhinein ablehnen, macht das aber nur, wenn ein Bewerber für den Posten des Landrats nicht ausreichend qualifiziert ist. Das komme selten vor, erklärte ein Sprecher des Landratsamtes.
Am 18. Dezember wählen die 67 Kreisräte geheim unter den Bewerbern den neuen Landrat. Wer die nötigen 34 Stimmen bekommt, darf im März 2024 ins Chefbüro im Landratsamt in Freiburg einziehen.
Wer hat sich vor Ablauf der Frist schon beworben?
Die bisherigen Kandidaten sind Christian Ante, Bürgermeister der Gemeinde Merzhausen (Freiburg), und Thorsten Culmsee, Sozialdezernent im Landratsamt. Beide Kandidaten waren schon seit Anfang des Jahres im Gespräch.
Christian Ante hat sich in einem Auswahlverfahren der Fraktionen von CDU und Freien Wählern (FW) durchgesetzt. Gemeinsam haben die Fraktionen 35 Stimmen. Wählen sie alle Ante, hat er sicher gewonnen. Oliver Rein, Vorsitzender der CDU-Fraktion, glaubt, dass alle Kreisräte der CDU ihren Kandidaten Ante wählen. Franz Josef Winterhalter, Vorsitzender der FW-Fraktion ist sich da bei seiner Fraktion nicht sicher.
Ante sitzt seit 2019 in der CDU-Kreistagsfraktion und ist seit 2009 Bürgermeister von Merzhausen, einer kleinen Gemeinde bei Freiburg. Er will vor allem das Arbeiten im Landratsamt verändern: mehr Homeoffice, mehr Online-Meetings, bessere Digitalisierung.
Thorsten Culmsee rechnet sich Stimmen bei allen Fraktionen aus. Die braucht er auch, will er die Mehrheit von CDU und Freien Wählern für Ante kippen. Er kennt das Landratsamt gut, ist seit 2018 Leiter des Sozialdezernats mit 500 Mitarbeitenden.
In den vergangenen Jahren organisierte er die Unterbringung vieler Geflüchteter und war an der Aufarbeitung des Staufener Missbrauchsfalls beteiligt. Sein großes Thema: die Arbeitskultur im Landratsamt. Er möchte die Zusammenarbeit stärken, Angestellte zum Widerspruch auffordern und Hierarchien abbauen.
Staufener Missbrauchsfall Landratsamt verteidigt sich gegen Kritik
Hätte das Jugendamt Hinweisen auf einen Missbrauch des Jungen aus Staufen früher nachgehen müssen? Ein Schreiben des Justizministeriums bringt das zuständige Landratsamt in Erklärungsnot.
Warum gibt es im Kreistag Streit?
Dass CDU und Freie Wähler schon vorab einen eigenen Kandidaten gesucht haben, hat bei der SPD-Fraktion für große Kritik gesorgt. Besonders ihr Fraktionsvorsitzender Martin Löffler kritisiert, dass man dadurch nach außen den Eindruck erweckt habe, dass die Wahl schon entschieden sei und andere gute Bewerber vergrault habe.
Auch die Grünen bekräftigen die Kritik. Leopold Winterhalder, Fraktionsvorsitzender der Grünen findet es schade, dass man keinen gemeinsamen Weg mit allen Fraktionen gefunden habe. Der Kandidat einer Fraktion zu sein, würde aus seiner Sicht den Kandidaten in seiner künftigen Aufgabe als Landrat "unfrei" machen.
CDU, Freie Wähler und auch die FDP sehen die Kritik als unbegründet an. Das sei "Unsinn", so der CDU-Fraktionsvorsitzende Oliver Rein. Eine Vorsondierung sei völlig normal und hätte in seinen Augen keinen Effekt auf das Bewerberfeld gehabt.
Am Freitag (6. Oktober) wird der Wahlausschuss über die Zulassung der Bewerber beraten. Eigentlich sollte es mindestens drei Bewerber für die Wahl des Landrats geben. Ist diese Zahl nicht erreicht, wird für gewöhnlich die Stelle neu ausgeschrieben. Die Wahl des Landrats des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald ist für den 18. Dezember geplant. Falls neu ausgeschrieben werden sollte ist unklar, ob der Termin eingehalten werden kann.
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