Eines vorneweg: Ich kann verstehen, dass die betroffenen Mieterinnen und Mieter sich ärgern, dass sie aus ihren Wohnungen ausziehen sollen. Denn natürlich ist da die Sorge: Bekomme ich wirklich - wie versprochen - eine bessere und bezahlbare Wohnung?
Was im Fall der Wohnbau Lörrach aber sehr auffällig ist: In den meisten Medien sind nicht die Mieterinnen und Mieter selbst zu Wort gekommen. Auch die Hasskommentare im Netz haben rasch gezeigt: Die betroffenen Mieter und mit ihnen die Geflüchteten, die in ihre Wohnungen einziehen sollen, werden zum Spielball der politischen Auseinandersetzung. Das gipfelt im Aufruf der AfD-Bundessprecherin Alice Weidel an den Lörracher OB, sich der Asylpolitik der Bundesregierung zu verweigern. Das ist - nebenbei - eine Aufforderung zum Gesetzesbruch.
Lörracher Wohnbau hat Mieter schon öfter umquartiert
Was die vielen, die jetzt bundesweit über Lörrach herziehen, nicht wissen: Die Wohnbau Lörrach hat einen glänzenden Ruf, auch was die Betreuung ihrer Mieterinnen und Mieter angeht. Und: Sie hat bereits mehrfach noch größere Bewohnergruppen zur Zufriedenheit fast aller umquartiert - wegen der Unterbringung von Geflüchteten oder erst kürzlich wegen Sanierungen.
Hätten es Stadt und Wohnbau denn umgekehrt machen sollen? Die Geflüchteten in modernen Wohnungen unterbringen und die Wohnbau-Mieterinnen und -Mieter in alten Häusern wohnen lassen? Wie groß wäre dann der Aufschrei gewesen?
Die Wohnungsnot ist das eigentliche Problem
Über einen Fall wie in Lörrach ließe sich bei uns im Land jede zweite Woche berichten. Denn hinter der Aufregung stehen zwei politische Fragen, die sozialen Sprengstoff in sich tragen und letztlich in der Hauptstadt entschieden werden: Wie viele Geflüchtete, auch aus der Ukraine, sollen ins Land gelassen werden? Und: Was tun gegen die Wohnungsnot? Lörrach steht hier nur stellvertretend für ganz Deutschland. Und Hasskommentare lösen nichts - ganz im Gegenteil.