Anlagenmechaniker für Sanitär-, Klima- und Heizungstechnik

Interview mit dem Präsidenten

Handwerkskammer Freiburg: Lage zum Start des Ausbildungsjahres

Stand

Über 2.000 Azubis beginnen in Südbaden in wenigen Tagen eine Lehre im Handwerk. Sind das immer noch viel zu wenige, Herr Ullrich?

In zwei Tagen starten viele junge Menschen in eine Ausbildung und das ist dann möglicherweise der Beginn einer sehr langen Berufskarriere. In Baden-Württemberg sind aber, nach Schätzungen der Agentur für Arbeit, noch mehr als 9.000 Stellen unbesetzt. Und gerade auch das Handwerk sucht händeringend nach Auszubildenden. Der Präsident der Handwerkskammer in Freiburg, Johannes Ullrich, im SWR-Interview. 

Das Interview im Audio hier zum Nachhören:

Herr Ullrich, über 2.000 Azubis immerhin starten in Südbaden in eine Lehre im Handwerk. Ist das immer noch viel zu wenig?

Das ist natürlich viel zu wenig. Aber wenn man betrachtet, dass wir mitten in der demografischen Phase sind, in der jetzt ganz wenige oder viel weniger junge Menschen von der Schule weggehen, sind wir nicht unzufrieden. Es ist im Vergleich zum letzten Monat weniger als minus 1,3 Prozent. Aber generell ist das natürlich viel zu wenig für die Ansprüche und für die Anforderungen, die wir am Handwerk haben.

Wie viele Stellen sind denn konkret noch unbesetzt hier in der Region?

In Baden-Württemberg sind es 9.000. Wir haben jetzt in allen drei Ausbildungsjahren ungefähr 6.200 Azubis. Vor neun Jahren waren das noch 14.000. Also dann sehen Sie schon, dass uns jede Menge Azubis fehlen – drei- bis viertausend auf jeden Fall.

Und welche Gewerke sind da besonders betroffen? Gibt es Handwerker, die beliebter sind als andere?

Ja, Gott sei Dank sind alle Handwerker beliebt, die tatsächlich mit dem Klimawandel, mit Mobilitätsveränderungen und mit der Energiewende zu tun haben. Sehr beliebt war der Anlagenmechaniker, Elektroniker, Elektriker und auch KFZ-Monteur ist auch noch sehr gefragt. Aber wir haben zum Beispiel in unseren Lebensmittelberufen ganz, ganz wenige Auszubildende. Bäcker, Metzger, Konditoren – die fehlen uns an allen Ecken und Enden.

Woran liegt das? Ist das so, dass das Image zu schlecht ist beim Handwerk? Die Unterschiede zu den akademischen Berufen sind zu groß?

Ja, das beobachten wir schon seit Jahren, obwohl wir im Handwerk bundesweit an unserem Image pflegen und damit auch erfolgreich sind. Ich sage mal, wenn wir diese Imagekampagne seit zehn Jahren nicht fahren würden, hätten wir noch weniger junge Menschen im Handwerk. Das Image des Handwerks ist im Vergleich zur akademischen Ausbildung ungerechtfertigterweise schlechter. Wir haben nachgewiesenermaßen eine viel bessere Perspektive im Handwerk für die jungen Menschen als für junge Akademiker, die dann in den Beruf wollen. Ich sage nur, der Lebensverdienst im Handwerk ist statistisch höher als in irgendeinem anderen akademischen Beruf.

Und wer im Moment Handwerker sucht und weiß, dass es ganz schwer ist, welche zu finden, der weiß ja auch, dass das ein Zukunftsberuf ist. Also man wird da mitunter nicht arbeitslos, oder?

Ja, betrachten sie doch die Herausforderung, die wir gesellschaftlich haben. Europaweit, aber auch nur in Deutschland. Wir haben einen Klimawandel zu stemmen und wir haben eine Mobilitätswende zu stemmen. Das geht nur mit gut ausgebildeten jungen Menschen, die sich dafür interessieren und deswegen machen wir auch Werbung. Wenn junge Menschen den Klimawandel wollen: Kommt doch ins Handwerk! Weil dann könnt ihr diesen Klimawandel aktiv und wirklich aktiv mit euren Händen, mit eurem Kopf und mit eurem Ideen umsetzen. Ich glaube, eine bessere Werbung kann es eigentlich gar nicht geben.

Sie haben ja selber einen Malerbetrieb, das ist doch auch ein attraktiver Beruf. Bunt, vielfältig.

Das Schöne an meinem Beruf: Sie sehen tagtäglich, was Sie vollbracht haben, mit ihren eigenen Händen. Und wenn ich durch Freiburg laufe und sehe, welche Fassaden ich mit meinen Mitarbeitern gemacht habe, bin ich stolz auf meinen Beruf. Und das befriedigt. Ich glaube, diesen Befriedigungsmoment haben Sie in anderen Berufen, ich sage jetzt mal so als Rechtsanwalt vielleicht gar nicht so. Im Handwerk sehen Sie, was Sie gemacht haben. Nicht nur im Malerberuf, aber der ist natürlich für mich der schönste Beruf. Ganz klar. Aber auch in allen anderen Berufen haben Sie Erfolg und Misserfolg sofort messbar. Wenn Sie Elektriker sind, schalten Sie die Lampe an – entweder sie brennt oder sie brennt nicht. Als Sanitär schalten Sie den Wasserhahn an – das Wasser kommt oder das Wasser kommt nicht. Das sind die Erfolge. Oder sie bauen eine Montage, oder sie montieren eine PV-Anlage aufs Dach und sparen damit Strom. Besser geht es doch gar nicht.

Wenn sich jetzt jemand noch kurzfristig entscheiden möchte, geht es dann noch zum 1. September? Oder kann man auch später noch reinrutschen in so ein Ausbildungsjahr?

Man kann immer reinrutschen ins Ausbildungsjahr. Offiziell startet es am 1. September, aber wenn sich jemand entscheidet, noch irgendeine handwerkliche Ausbildung zu machen, wird er mit offenen Armen empfangen. Da rate ich auch noch dazu. Wir reflektieren meistens im Oktober oder November, wie viele junge Menschen ins Handwerk gekommen sind. Da haben wir auch eine große Pressekonferenz, in der wir die Zahlen reflektieren, wie viele junge Menschen dann auch nicht, die Ausbildung im Handwerk angetreten haben. Das gibt es leider auch bei uns.

Vielen Dank, Johannes Ullrich, der Präsident der Handwerkskammer Freiburg, zur Lage kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres.

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SWR

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