Papst Franziskus schickt den langjährigen Privatsekretär seines Amtsvorgängers Benedikt XVI., Georg Gänswein, als Vatikan-Botschafter ins Baltikum. Wie der Vatikan am Montag mitteilte, wird Gänswein in Vilnius sogenannter Apostolischer Nuntius. Als Botschafter wird er die Interessen des Vatikans in Litauen, Estland und Lettland vertreten. Derzeit lebt der 67-Jährige ohne Amt in seinem Heimatbistum Freiburg.
Wir haben uns in Freiburg umgehört, was die Leute zu Gänsweins neuer Aufgabe sagen:
Warten auf Entscheidung aus Rom hat ein Ende
Mit der Ernennung enden Monate des Wartens und der Spekulationen, was Gänsweins neue Aufgabe wird. Im vergangenen Sommer musste Gänswein seine Dienstwohnung im Vatikan räumen und kehrte danach ohne Aufgabe nach Freiburg zurück. Papst Franziskus hatte ihn beurlaubt und von allen Aufgaben entbunden. Der Grund: Gänswein war viele Jahre Privatsekretär und Vertrauter des deutschen Papstes Benedikt XVI. gewesen. Kurz nach dessen Tod hatte er ein Buch über Benedikt veröffentlicht, das auch private Gespräche mit dem amtierenden Papst Franziskus wiedergab. Das Verhältnis zwischen Franziskus und Gänswein galt als zerrüttet.
Zukunft des früheren Papst-Vertrauten So geht es für Georg Gänswein jetzt in Freiburg weiter
Viele Freiburger interessieren sich für die Zukunft von Georg Gänswein in ihrer Stadt. Mehr und mehr Details werden dazu bekannt - doch vieles ist noch unklar.
Im Jahr 1995 ging Gänswein nach Rom
Gänswein war fast drei Jahrzehnte im Vatikan tätig. 1995 wurde er nach Rom gerufen, wo er dann innerhalb der Kurie in die Glaubenskongregation kam. Joseph Ratzinger, so der bürgerliche Name von Benedikt XVI., war dort damals Präfekt. 2003 machte er Gänswein zu seinem Assistenten. Seit Ende 2012 war er Präfekt des Päpstlichen Hauses und hatte damit einen der wichtigsten Posten im Vatikan inne.
Kenner: Job als Nuntius im Baltikum ist kein leichter
In seinem neuen Amt als Nuntius im Baltikum steht Gänswein keine einfache Aufgabe bevor, wie Vatikankenner meinen. Insbesondere seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine sorgen sich auch Litauen, Lettland und Estland um ihre Sicherheit. Die baltischen Staaten gehörten noch bis 1990 zur Sowjetunion und sind wegen ihrer geografischen Nähe zu Russland in dem Krieg im Fokus. Das Baltikum ist daher geopolitisch gesehen von großer Bedeutung für den Papst, der seit Februar 2022 kaum eine Gelegenheit auslässt, für Frieden und Abrüstung zu werben.
Die drei Länder im Nordosten Europas sind nicht nur für den Vatikan, sondern auch für Deutschland und die EU strategisch besonders wichtig. Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa sagte die Bundesregierung zu, einen gefechtsbereiten, eigenständig handlungsfähigen Kampfverband fest in Litauen zu stationieren. Die Brigade soll bis 2027 einsatzfähig sein, vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von etwa 4800 Soldaten sowie rund 200 zivilen Bundeswehrangehörigen.
Katholische Kirche in Estland weniger stark
Die katholische Kirche ist in Litauen, Lettland und Estland unterschiedlich aufgestellt. Litauen ist vor allem römisch-katholisch geprägt, die Bevölkerung Lettlands hingegen vornehmlich evangelisch-lutherisch. In Estland ist die katholische Kirche noch schwächer als in Lettland vertreten: Die Esten bekennen sich überwiegend zu keiner Religion oder zur evangelischen oder orthodoxen Kirche. In allen drei Ländern gibt es zudem größere russische Minderheiten, die den vornehmlich russisch geprägten orthodoxen Kirchen nahestehen.