Mit 200.000 Probanden ist die NAKO Gesundheitsstudie die größte Bevölkerungsstudie bundesweit. Sie läuft bereits seit zehn Jahren. Nun gab es die zweite Auswertung. Insgesamt sind 18 Studienzentren und rund 1.000 Experten in ganz Deutschland daran beteiligt. Mit dem Universitätsklinikum ist ein Forschungsstandort auch in Freiburg.
Wichtige Ergebnisse zu Herzkrankheiten, COVID und Gewicht
Der Body-Mass-Index (BMI) der Probanden und Probandinnen aus Freiburg liegt bei Männern bei 26,7 und bei Frauen bei 25,2. Das ist der niedrigste Wert unter den 18 NAKO Studienorten - unterhalb des bundesweiten Schnitts von 27,4 (Männer) und 26,3 (Frauen). Dennoch: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt man ab einem BMI über 25 als übergewichtig.
Rund 10.000 Probanden aus Freiburg und dem Landkreis Emmendingen wurden untersucht. Sie druchliefen etliche Kontrollen wie Blutabnahme, Nasenabstrich, Riechtest, Stuhlprobe, Bewegungskontrolle, Ganz-Körper-MRT und vieles mehr.
Die Experten haben so auch herausgefunden: Übergewicht im Jugendalter verdoppelt das Risiko für Multiple Sklerose. Weitere Studien unter Freiburger Beteiligung werden derzeit ausgewertet, etwa zur langfristigen Gesundheit von Profi-Fußballern und -Fußballerinnen, so die Forschenden der Freiburger Uniklinik.
Die Luftqualität wird nur in Freiburg schlechter
Die Mediziner machten eine weitere wichtige Entdeckung, die weitreichende Erkenntnisse liefern könnte: "Leider nehmen in Freiburg die Luftschadstoffe zu und da sind wir das einzige Zentrum, wo sich die Luftschadstoff-Situation verschlechtert hat. In allen anderen Zentren haben sich diese Werte verbessert", sagt Michels. Das sei für eine so "grüne Stadt wie Freiburg bedenklich", meint die Epidemiologin. Nun müsse man die Gründe analysieren.
Karin Michels, Direktorin des Instituts für Prävention und Tumorepidemiologie am Uniklinikum Freiburg, über die Luftqualität in der Stadt:
MRT-Untersuchung rettet Freiburger Familenvater das Leben
Alleinstellungsmerkmal der NAKO Gesundheitsstudie ist die Ganzkörper-MRT-Untersuchung. Fast 31.000 Studienteilnehmende haben sich dieser Untersuchung unterzogen. "Bei einem Zufallsbefund konnte dadurch einem jungen Freiburger Familienvater das Leben gerettet werden", sagt Fabian Bamberg, Ärztlicher Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie.
Bei dem Mann wurde auf den Bildern ein Aneurysma im Gehirn entdeckt. "Er wäre wohl nur wenige Wochen später daran verstorben", so der Mediziner. Stattdessen konnte er am Tag darauf erfolgreich operiert werden und überlebte. Insgesamt hatte fast jeder zehnte Proband eine Auffälligkeit in seinen MRT-Bildern, die schnellstmöglich behandelt werden musste.
Weitere wichtige Erkenntnisse der NAKO Gesundheitsstudie
Einzelkinder bekommen häufiger Diabetes Typ 1:
Einzelkinder haben ein doppelt so hohes Risko für eine Diabetes Typ 1 Erkrankung wie Zweitgeborene. Bei einem drittgeborenen Kind ist das Risiko sogar 60 Prozent niedriger. Das Risiko nimmt mit Geburtenreihenfolge immer weiter ab, so die Mediziner. Warum das so ist, soll nun in den nächsten Jahren weiter erforscht werden.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie:
Auch zur COVID-Pandemie liefert die Studie wichtige Ergebnisse, so Michels. "Während der ersten COVID-Welle stiegen moderate bis schwere Depressionen um 2,4 Prozent und Angstsymptome um 1,5 Prozent", sagt sie. Hauptursachen waren Arbeitsplatzverlust, finanzielle Belastungen und Home-Office. Ein schlechter Gesundheitszustand vor COVID und eine ausgeprägte Symptomatik während der Erkrankung erhöhten die Wahrscheinlichkeit für Post-COVID, erklärt die Expertin.
Kognitive Leistungsfähigkeit:
Die Gehirnleistung war bei den Studien-Teilnehmern und -Teilnehmerinnen mit geringem Einkommen, Arbeitslosigkeit oder Alleinlebenden (besonders bei Männern) deutlich vermindert und die Kombination dieser Faktoren verstärkte den Effekt.
Kardiovaskuläre Erkrankungen:
Die Zehn-Jahres-Wahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz und Gefäß betreffend) war bei Personen mit niedriger sozioökonomischer Position (Einkommen, Ausbildung, Beruf) deutlich erhöht, besonders bei Frauen.
Depressionen:
Bei 15 Prozent der Teilnehmenden wurde laut Selbstangabe eine Depression diagnostiziert, etwa die Hälfte wurde im Jahr vor der Befragung medikamentös behandelt. Freiburg lag hier im Mittelfeld.
Frühverrentung:
Rund ein Viertel der berenteten Teilnehmenden gaben an, aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig in Rente gegangen zu sein.
Freiburg koordiniert gesamte MRT-Studie
Das Universitätsklinikum Freiburg beteiligt sich nicht nur als Studienzentrum an der NAKO Gesundheitsstudie, sondern ist unter der Leitung von Fabian Bamberg auch für die Gesamtkoordination der MRT-Studie zuständig.
Hier erhalten die Teilnehmenden eine rund einstündige Ganzkörper-MRT-Untersuchung. Die MRT-Bilder zeigen zum Beispiel die Fettverteilung im Körper oder die unterschiedlichen Organgrößen von Leber, Lunge oder den Muskeln und Gelenken.