Knapp drei Jahre nach dem Abbruch der Gespräche über ein Kooperationsabkommen zwischen der EU und der Schweiz wird ab Montag wieder verhandelt. Das Ziel beider Seiten ist, sich politisch wieder anzunähern und die bilateralen Beziehungen weiterzuentwickeln. Dafür gab es in dieser Woche viel Zustimmung, auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Doch nicht alle befürworten den Schritt. Kritik kommt nicht nur von der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP), sondern auch von Schweizer Gewerkschaften und teilweise auch aus der Schweizer Wirtschaft.
Was bedeuten die Verhandlungen für deutsch-schweizer Beziehung?
Direkt an der Grenze zu Deutschland liegt Basel-Stadt. Sie setzt große Hoffnungen in die neuen Verhandlungen. Denn im Dreiländereck ist der Austausch zwischen den Nachbarn Alltag. Die Region ist eng vernetzt. Zehntausende Menschen pendeln täglich zwischen Weil am Rhein (Kreis Lörrach) und der schweizer Stadt. "Für uns ist wichtig, dass es in der Personenfreizügigkeit weitergeht, dass wir eine Alltagsmobilität weiterhin leben können", sagt Lukas Engelberger (Die Mitte). Er ist der kommissarische Regierungsratspräsident von Basel-Stadt. Er wünscht sich auch, Zugang zu Forschungs- und Bildungsprogrammen der EU.
Kretschmann und IHK Oberrhein für Verhandlungen
Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) begrüßt die Annäherung der Schweiz an die EU. Er sei sehr froh über die Verhandlungen und habe viele Jahre auch dafür geworben, sagte er Anfang März in Stuttgart. Er hoffe, dass ein Abkommen noch in dieser auslaufenden Legislaturperiode der EU-Kommission vollständig ausverhandelt werde - und dass die Schweizer das Ergebnis in einem Referendum bestätigten. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) am Ober- und Hochrhein forderten schon seit Jahren die Wiederaufnahme neuer Verhandlungen.
Gewerkschaftsbund gegen Liberalisierung des Strommarktes
Doch es gibt noch Klärungsbedarf. So wird eine mögliche Liberalisierung des Strommarktes in der Schweiz gerade kontrovers diskutiert. Besonders umstritten ist der Arbeitsschutz: So fürchten Schweizer Gewerkschaften Verschlechterungen. Dazu sagt Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds: "Man könnte Firmen schlechter kontrollieren und Verstöße ahnden, wenn sie die entsprechenden Löhne nicht zahlen."
Die zwischen Bern und der EU beginnenden Verhandlungen werden in der Schweizer Wirtschaft kontrovers diskutiert. Christoph Mäder, Präsident von Economiesuisse, sagt, dass die Schweizer Wirtschaft weiterhin einen uneingeschränkten Zugang zum europäischen Markt brauche. Vor allem in den Branchen, für die Exportindustrie von zentraler Bedeutung seien.
Die anstehenden Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.