Unter anderem in den Freiburger Stadtteilen Zähringen und Haid hatten es Bürgerinnen und Bürger in den letzten Tagen in der Post: das so genannte "BW-Journal", eine Infobroschüre der AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Auf acht Seiten informiert die Partei hier zu Themen wie Migration, Inflation und Bürokratieabbau. Pikant: Die Aufmachung der Broschüre hat wegen der Verwendung des baden-württembergischen Landeswappens einen behördlichen Charakter. Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken wie "X" oder "reddit" sind irritiert und fragen beispielsweise: "Darf man als Partei die Hoheitszeichen eines Bundeslandes in der Wahlwerbung verwenden?"
Verwendung des Hoheitszeichens rechtmäßig
Eine Sprecherin des Landesinnenministeriums in Stuttgart teilte dem SWR auf Nachfrage mit, dass nach rechtlicher Prüfung kein Verstoß gegen das Landeshoheitszeichengesetz vorliegt. Die AfD-Landtagsfraktion ist Herausgeberin des "BW Journals", dass nicht nur in Freiburger Briefkästen, sondern beispielsweise auch in Jungingen (Zollernalbkreis) landete.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LHzG sind die Fraktionen berechtigt, das große Landeswappen zu führen. Einen ähnlichen Fall gab es Ende letzten Jahres durch einen von der AfD herausgegebenen Abschiebekalender. Hier hatten die Macher des Kalenders fremdenfeindliche Sprüche abgedruckt. "Heimaturlaub? Nur mit One-Way-Ticket", war zum Beispiel dort zu lesen. Oder: "Deutschland zuerst heißt Remigration". Auch hier wurde auf der Titelseite das Hoheitszeichen des Landes Baden-Württemberg verwendet. Ein Video zu dem Kalender ging auf der Social-Media-Plattform "TikTok" viral.
Reaktionen erreichen auch Landeszentrale für politische Bildung
Auch der Leiter der Außenstelle Freiburg der Landeszentrale für politische Bildung, Michael Wehner, hatte das sogenannte BW-Journal am Samstag im Briefkasten. Als politisch interessierter Beobachter wusste Wehner die Broschüre schnell einzuordnen: Mit dem Wappen auf dem Titel wecke die Verwendung des Landeswappens aus seiner Sicht den Eindruck einer staatlichen Broschüre.
Am Telefon berichtet Michael Wehner dem SWR von einigen verärgerten Reaktionen, die ihn erreichten. Der Hauptvorwurf: eine Partei inszeniere sich als Repräsentantin des Landes Baden-Württemberg.
Wehner wurde auch nach der Rechtmäßigkeit der Aktion gefragt. Laut Wehner ist der Zeitpunkt der Versendung der Infobroschüre kein Zufall: Dass so etwas im Umfeld von Wahlen kommuniziert würde, sei bewusstes Kalkül. Man wolle die Wahlkampfzeiten nutzen, um auf Stimmenfang zu gehen.
Öffentlichkeitsarbeit ist Teil der Aufgaben der Fraktionen
Ein Sprecher des Landtags von Baden-Württemberg in Stuttgart teilte dem SWR mit, dass eigenständige Öffentlichkeitsarbeit nach dem Fraktionsgesetz zu den Aufgaben der Fraktionen gehört. Damit könnten sie die Öffentlichkeit über die parlamentarische Arbeit der Fraktionen und ihre politischen Standpunkte aufklären. Außerdem diene sie dem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern über parlamentarische Fragen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen müsse damit auch nicht politisch neutral sein. Nur die Urheberschaft der Fraktion müsse erkennbar sein, so der Sprecher.
Zensur wäre nicht rechtens
Bei dem "BW-Journal" der AfD-Fraktion des Landtags von Baden-Württemberg handele es sich um eine Broschüre im Rahmen der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen, so der Sprecher der Landtagspressestelle weiter. Die AfD-Fraktion ist laut Fraktionsgesetz "im Rahmen der zulässigen Aufgabenwahrnehmung in der Entscheidung über die geeigneten Mittel, Formen und Örtlichkeiten ihrer Öffentlichkeitsarbeit frei". Eine Zensur dieser Öffentlichkeitsarbeit durch den Landtag wäre nicht rechtens. Die Gemüter spalte die Broschüre aber trotzdem, sagt Wehner.