Schummeln bei der theorischen Fahrprüfung: Die Zahl der entdeckten Betrugsversuche hat ein Rekordniveau erreicht. Auch in Südbaden versuchen immer mehr Fahrschüler zu tricksen.

Betrugsfälle auf Rekordniveau

TÜV Süd: Betrug bei Führerscheinprüfung nimmt stark zu

Stand
Autor/in
Mario Schmidt
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Schummeln bei der Fahrprüfung: Die Zahl der Betrugsversuche hat ein Rekordniveau erreicht. Immer öfter technische Tricks angewandt - aber auch Handgreiflichkeiten nehmen zu.

Die theoretische Fahrprüfung ist der erste große Schritt in Richtung Führerschein. Wer Auto fahren will, muss diese Prüfung bestehen - und dafür fleißig lernen. Rund 1.200 Fragen muss ein Fahrschüler laut ADAC beantworten können.

Immer mehr Fahrschülerinnen und -schüler fühlen sich davon offenbar überfordert und versuchen zu tricksen. Sie schicken Doppelgänger zur Prüfung oder nutzen Handys, Kameras oder Kopfhörer zum Schummeln. Mehr als 2.700 Prüflinge haben dieses Jahr versucht, bei der theoretischen Führerscheinprüfung zu betrügen und sind dabei erwischt worden - mehr als je zuvor. Auch in Südbaden ist die Zahl der Betrugsversuche gestiegen.

Zunehmende Gewalt bei Theorie-Prüfungen

Die Zahl der Betrugsversuche sei so hoch wie nie: Satte 38 Prozent sei sie im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, sagt Christian Müller, der Leiter Fahrerlaubniswesen TÜV Süd. "Ich gehe davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist", so Müller. Allein in Südbaden konnten die Prüfer in diesem Jahr rund 40 Betrugsversuche aufdecken. Ein Fall aus Lörrach geriet in die Schlagzeilen, weil ein Fahrschüler ins Krankenhaus musste, nachdem er sich einen Kopfhörer zu tief ins Ohr gesteckt hatte.

Wir hören immer wieder von Bedrohungen. Deshalb bereiten wir uns schon auf mögliche Fälle vor. Wir müssen nicht erst reagieren, wenn es schon passiert ist.

Doch nicht allein Täuschungsversuche, auch verbale und körperliche Gewalt nehmen zu, erzählt Müller, der von Offenburg aus Prüfungen in ganz Südbaden betreut. Er selbst wurde im Oktober bei einem Betrugsversuch in Lörrach von einem Bewerber körperlich attackiert, nachdem Müller ihn erwischt hatte. Beim Versuch aus dem Prüfungsraum zu flüchten, drückte der Fahrschüler den Prüfer gegen einen Tisch. Müller erlitt Verletzungen am Oberschenkel.

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Betrug mit technischen Hilfsmitteln und Doppelgängern

"Die Methoden der Täter ändern sich ständig", sagt Müller. Neben dem klassischen Spickzettel bringen die Bewerber häufig auch technische Hilfsmittel mit zur Prüfung. Winzig kleine, kaum erkennbare Kameras die während der Corona-Pandemie in FFP2-Masken eingenäht wurden oder jetzt vermehrt in Knopflöchern von Hemden und Jacken versteckt werden, sind inzwischen gängige Praxis. Die Prüfung wird gefilmt und das Signal über einen Datenträger, der am Körper festgeklebt ist, nach draußen zum Komplizen gesendet. Über Kopfhörer oder per Vibrationsmodul wird dann die richtige Antwort durchgegeben.

Betrogen wurde schon immer. Die Art und Weise hat sich aber verändert.

Bei einigen Täuschungsversuchen geben sich zudem fremde Personen als Prüfling aus, um für diesen die Prüfung abzulegen. Oft sehen sich die beiden Personen so ähnlich, dass für die Prüfer keine wesentlichen Unterschied zu den Ausweispapieren zu erkennen sind, berichtet Müller. Die Folgen für einen Betrugsversuch sind mittlerweile klar definiert. Den Tätern droht eine neunmonatige Sperre für einen weiteren Versuch sowie eine anschließende Einzelprüfung.

Hohe Durchfallquote bei der Führerscheinprüfung

Neben der steigenden Zahl der Betrugsversuche bereitet dem TÜV auch die hohe Durchfallquote Sorge. Bundesweit fallen 42 Prozent der Fahrschüler bei der theoretischen Prüfung durch - also fast jeder zweite Prüfling. Bei der Pkw-Klasse B liegt die Durchfallquote sogar bei 45 Prozent. In Südbaden ist die Quote nicht viel besser.

Die Ursache für die alarmierenden Zahlen sieht Christian Müller aber nicht am Schwierigkeitsgrad der Prüfung. Dieser habe sich nicht verändert, lediglich der Inhalt der Fragen wandele sich. Doch mit den verbesserten Lernmöglichkeiten - etwa über eine Lernapp - sieht der Prüfer die Fahrschüler eigentlich besser vorbereitet als noch vor Jahren.

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